Matthias Platzeck: „Baustopp ist nicht realistisch“
Schönefeld. „Wir nehmen die Anliegen der Bürgerinitiativen sehr ernst. Wir werden über alles reden und diskutieren“, sagte gestern (15.10.2010) Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) in der Pressekonferenz anlässlich der Tagung des Dialogforums Airport Berlin Brandenburg. Ein Vergleich zu Stuttgart 21 sei hier nicht angebracht. Der Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) sei schon fast fertig. Ein Baustopp sei nicht realistisch.
„Das Dialogforum arbeitet kontinuierlich an unterschiedlichen Themen, beispielsweise am Interessenausgleich zwischen den Kommunen und dem Flughafen“, erklärte Wolfram Hülsemann, Moderator des Dialogforums. Auch der aktuelle Planungsstand der Flugrouten habe das Dialogforum beschäftigt. Ziel sei es jedoch, Lösungen zu finden, wie die Region sinnvoll entwickelt werden könne.
Beschlüsse des Dialogforums
Gestern tagte das Dialogforum Airport Berlin Brandenburg zum achten Mal. Künftig soll es zweimal jährlich veranstaltet werden. Folgende Beschlüsse wurden gefasst (laut Pressemitteilung):
Carl Ahlgrimm, Bürgermeister der Gemeinde Großbeeren und Vorsitzender der Schutzgemeinschaft der Umlandgemeinden wurde zum stellvertretenden Moderator des Dialogforums gewählt.
Die Ausgestaltung eines Ausgleichs von Nachteilen der Umlandkommunen durch den Betrieb des Flughafens soll erarbeitet werden. Dazu soll ein regionalwirtschaftliches Gutachten erarbeitet werden. Darin sollten auch Vergleiche zu anderen Flughäfen vorgenommen werden.
Das Dialogforum bittet beide Länder, Möglichkeiten zu prüfen, wie laufende Untersuchungsprogramme für den Gesundheitsschutz und dazu Erhebungen der zuständigen Fachbehörden in Zusammenarbeit mit den Landkreisen genutzt, beziehungsweise ausgeweitet werden können. Das Prüfergebnis soll im Frühjahr 2011 vorgelegt werden.
Der Aufbau eines Pools von Kompensationsflächen in Trägerschaft der Area Development Company GmbH (BADC) wird durch das Dialogforum unterstützt. Demnächst wird es darum gehen, die aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung zu erwartende Bautätigkeit und daraus folgenden Eingriffe in Natur und Landschaft im Flughafenumfeld zu kompensieren und in die übergeordnete Freiraumentwicklung zu integrieren. Dazu soll ein interkommunaler Pool von Kompensationsflächen für die Bauleitplanung und andere Ausgleich auslösende Maßnahmen eingerichtet werden.
Die Stadt Königs Wusterhausen, die Gemeinden Rangsdorf und Zeuthen, die bereits Mitglieder des Dialogforums sind, werden zudem als ordentliche Mitglieder in den Arbeitsausschuss aufgenommen.
Ministerpräsident Platzeck und Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) waren als Gäste im Dialogforum. Das Forum habe eine respektable Leistung erbracht, erklärte Platzeck. Auch der zu erwartende Fluglärm und Flugrouten seien außerhalb der Tagesordnung diskutiert worden. Man wolle einen Routenvorschlag, der so wenig Bürger wie möglich in der Region mit Lärm beeinträchtige. „Es gibt hier nicht Bürger erster und zweiter Klasse. Die Entscheidung über die Flugrouten muss zügig gefällt werden. Es ist der Region nicht zuzumuten, damit lange zu warten“, sagte der Ministerpräsident.
„Der Flughafen Berlin-Brandenburg International ist ein herausragendes Strukturprojekt für Berlin-Brandenburg“, sagte Wowereit. Es werde zu vermehrten Industrie- und Gewerbeansiedlungen im Umfeld des BBI kommen. Ziel sei es, die Entwicklung beider Länder mit absoluter Priorität zu besetzen. „Wir wissen, dass durch die Stadtnähe und dicht besiedelte Gebiete viele Menschen betroffen sind“, erklärte der regierende Bürgermeister. Deshalb sei es wichtig mit, betroffenen Städten und Gemeinden einen intensiven Dialog zu führen. Ziel sei es Lösungen zu finden Belästigungen einzuschränken aber auch die Entwicklung der Region vorantreiben.
Auf Nachfrage der Eichwalder Nachrichten, ob denn nun für die mögliche Belastung der vor wenigen Jahren neu gebauten Kindertagsstätte am Zeuthener Winkel mit Ausgleichszahlungen zu rechnen sei, damit die Gemeinde einen neuen Kindergarten an geeigneterer Stelle errichten könne, machte Ministerpräsident Platzeck keine Zusagen. Die derzeit geplanten Flugrouten seien lediglich ein erster Entwurf. Man werde aber die Debatten unter der Maßgabe führen, dass so wenig Menschen wie möglich beeinflusst werden. Alle anderen Fragen könnten erst geklärt werden, wenn die endgültigen Flugrouten feststünden.
Jörg Vogelsänger (SPD), Minister für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg sagte: „Wir haben mit dem Dialogforum, was Interessenausgleich betrifft, klare Chancen. Das Dialogforum und die Fluglärmkommission sind wichtige Gremien.“ Man habe nun die Fluglärmkommission um weitere Mitglieder aus drei vom Fluglärm betroffene Bezirke Berlins und sieben weiteren Kommunen sowie Landkreise erweitert.
„Wir sind für ein beschleunigtes Verfahren und haben ein Interesse daran, dass die 140 Millionen Euro für Schutzmaßnahmen ausgegeben werden“, sagte Rainer Schwarz, Sprecher der Flughafen-Geschäftsführung. „Wir wollen ein Bündnis nicht nur in der Luft, sondern auch am Boden“, fügte er hinzu. Man habe einen Ausgleichsfond von 34 Millionen Euro für den Naturschutz bereit gestellt. „Unser Interesse ist es, dass das Geld hier in der Region bleibt”, erklärte Schwarz.
Carl Ahlgrimm (parteilos), Sprecher der Schutzgemeinschaft der Umlandgemeinden erklärte: Aus Sicht der Kommunen seien schwierige Themenkomplexe behandelt worden. Der Flughafen und die Kommunen seien einen Schritt aufeinander zugegangen. Zwar werde es keine Ausgleichszahlungen vor der Eröffnung des BBI geben, diese sollten aber nicht auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben werden. Berlin und Brandenburg haben nun Möglichkeiten für eine medizinische Gesundheitserhebung eröffnet. „Es freut mich, dass beide Repräsentanten Berlin und Brandenburgs sich klar für den Lärmschutz aussprechen“, sagte Ahlgrimm. Die Deutsche Flugsicherung habe nun die schwierige Aufgabe, alle flugtechnisch möglichen Alternativen auszuarbeiten, um optimale Lösungen für den Schutz vor Fluglärm zu finden.
„Wir sind froh, dass wir jetzt in der Lärmschutzkommission mitarbeiten dürfen. Nun können wir endlich Informationen sammeln und Kollegen in den Kommunen unterstützen“, sagte Stephan Loge (SPD), Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald. Er freue sich, dass die Flughafenentwicklungsgesellschaft zugesagt habe, Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz im Landkreis Dahme-Spreewald zu realisieren. Hinsichtlich der wachsenden Verkehrsbelastung durch den BBI erklärte er, die Bürgermeister hätten diese Probleme deutlich angesprochen. Es werde dringend weitere Unterqueren im Bereich Zeuthen und Eichwalde benötigt.
Weitere Informationen zum Dialogforum:
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