Bürger diskutierten über Fluglärm – BBI-Gegner wollen im Januar demonstrieren
Eichwalde. Zwischen 120 und 150 Bürgerinnen und Bürger diskutierten gestern Abend (26.11.2010) in der Mensa des Humboldt-Gymnasiums über den Großflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) und die von der Deutschen Flugsicherung geplanten Flugrouten, die auch über Eichwalde führen sollen. Jüngere Menschen waren auf der Veranstaltung des Bürgerverbandes Brandenburg-Berlin (BVBB) nicht anwesend. Klaus Dierke, BVBB-Sprecher der Eichwalder Ortsgruppe erklärte, dass die Bürgerinitiative seit 1996 gegen den Flughafenstandort Schönefeld kämpfe. „Mehr als 60.000 Bürger haben in den vergangenen Jahren verschiedene Einwendungen gegen das Projekt vorgebracht. Der BBI gehört einfach nicht hierher“, erklärte der Flughafengegner. Der BVBB und die vom Fluglärm betroffenen Gemeinden hätten 2006 dagegen am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig geklagt. Dabei spielten die Flugrouten keine Rolle. Jedoch seien die Flugrouten, wie sie im Planfeststellungsbeschluss 2004 veröffentlicht wurden schon damals Makulatur gewesen. Private Investoren wie Hochtief, die von dem Vorhaben abgesprungen seien, wollten eine Rendite in Höhe von 15 Prozent erwirtschaften. Die sei aber unrealistisch gewesen, da eine Voraussetzung dafür der Betrieb rund um die Uhr sei. Allerdings habe man vor dem Gericht ein Nachtflugverbot von null bis fünf Uhr durchgesetzt. Nun seien die betroffenen Menschen nach mehr als 15 Jahren Kampf müde geworden. Erst als die um 15 Grad nach Süden abgeknickten Flugrouten ins Gespräch kamen, seien neue Proteste aufgeflammt. Die Planungsunterlagen hätten immer gezeigt, dass es zu so genannten Abkurvungen käme. „Die ursprünglichen Flugrouten betreffen vor allem die Gemeinde Eichwalde. Daher ist ein Konsens mit den anderen Bürgerinitiativen kaum möglich“, erklärte Dierke.
„Ich bin froh, dass sich nun auch in Eichwalde in Sachen BBI wieder etwas bewegt“, sagte Eichwaldes Bürgermeister Bernd Speer. Es sei der Eindruck entstanden, dass es in Eichwalde keine oder kaum Proteste gegeben hätte. So sei zumindest die Wahrnehmung außerhalb Eichwaldes in den Medien gewesen. „Die Flugrouten sind noch immer Thema in der Gemeindeverwaltung. Die Interessen der Gemeinde sollen nun auf den Ebenen vertreten werden, die uns offen stehen. Wir als kleine Gemeinde müssen darauf achten, dass wir nicht übersehen werden“, erklärte Speer. Blankenfelde-Mahlow werde viel eher in der Öffentlichkeit wahr genommen. Als Gemeinde kämpften sie nun gemeinsam mit den verbündeten Gemeinden, unter anderem Zeuthen und Schulzendorf. Inzwischen hätten sie eine gemeinsame Sprachregelung gefunden und eine Resolution in die Fluglärmkommission eingebracht. Speer: „Wir wollen auf keinen Fall nach dem Sankt Florians-Prinzip vorgehen. Wir wollen die Sache objektivieren“. Es müsse so wenig Betroffene und so wenig Intensität des Fluglärms wie möglich über den Gemeinden geben. Dabei sei aber nicht auszuschließen, dass es keinen unabhängigen Parallelbetrieb auf beiden Start- und Landebahnen gäbe. Ein Abknicken der Flugrouten um 15 Grad nach Süden sei auch für ihn indiskutabel. Denn die Anzahl der Betroffenen sei dann noch größer. „Wir wollen von den 15 Grad weg, aber auch nicht zu den ursprünglichen Routen zurückkehren“, erläuterte der Bürgermeister. Er begreife dies auch als Chance, bessere Lösungen zu finden. Das Abschwenken direkt nach dem Abheben der Maschinen um 90 Grad sei eine gute Alternative. Dies sei nach Auskunft von Berufspiloten durchaus machbar. Dann würden Eichwalde, Schulzendorf und Zeuthen bei Starts in Richtung Osten überhaupt nicht mehr überflogen werden. Entsprechende Anträge dazu seien bereits bei der Deutschen Flugsicherung eingereicht. Eine weitere Lärmquelle sei die östliche Schienenanbindung zum BBI. Es werde zu einer stärkeren Lärmbelastung durch den erhöhten Bahnverkehr kommen. Leider habe man die Klage aus formalen Gründen verloren. Denn die Bahnlinie sei alter Bestand. Und da würden andere Regeln gelten.
Ein Bürger forderte, dass das Tabu Baustopp auch von Seiten der Gemeinde gebrochen werden sollte. Speer zeigte Verständnis für diese Idee. Es sei durchaus eine berechtigte Forderung, welche die Bürgerinitiativen stellen müssten, aber als Kommunalpolitiker müsse er seine Kraft auf praktikable Lösungen bündeln. Er halte einen Baustopp für unrealistisch.
Bärbel Spiegel erklärte, Lutz Franzke, der Bürgermeister von Königs Wusterhausen, habe auf der Kundgebung kürzlich in Königs Wusterhausen erklärt, dass der Standort Schönefeld der schlechteste und Sperenberg der beste Standort sei. Man könne den Flughafen ja in 20 Jahren in Sperenberg ausbauen. Speer bestätigte, dass Franzke dies gesagt habe. Frau Spiegel erklärte indes, sie wünsche sich, dass schon heute Sperenberg in Angriff genommen werden müsse.
Marcel Hoffmann mahnte die mangelnde Transparenz der Fluglärmkommission an. Sämtliche Informationen aus der Kommission müssten zeitnah ins Internet gestellt werden.
An der Entscheidung für den Standort Schönefeld lasse sich nichts mehr ändern, erklärte Manfred Wientgen. Wichtig sei aber, dass nun politischer Druck gegen den Nachtflug erzeugt werde. Denn Eichwalde werde am aller stärksten vom Fluglärm betroffen sein. Hier müsse es eine Demonstration ähnlich wie in Zeuthen geben. Den Vorschlag griffen BVBB-Mitglieder auf und schlugen vor, im Januar eine Kundgebung zu veranstalten. Bürgermeister Speer unterstützte die Idee. Allerdings gab er zu bedenken, dass es nicht passieren dürfe, dass nur 200 Teilnehmer kommen. Dann bestehe die Gefahr, dass in der großen Öffentlichkeit in Berlin und Brandenburg geglaubt werde, dass sich die Bürger der Gemeinde Eichwalde mit dem Flughafen abgefunden hätten. Für ihn sei die Demonstration auch ein Gradmesser dafür, in wiefern die Bürger in Sachen BBI an einem Strang zögen.