Markus Mücke: „Flugrouten so planen, dass so wenig wie möglich betroffen sind“
Schulzendorf. Rund 70 Bürgerinnen und Bürger informierten sich am Sonnabend Nachmittag in der Schulzendorfer Mehrzweckhalle über den Stand der umstrittenen Flugrouten, welche die Deutsche Flugsicherung (DFS) Anfang September in der Fluglärmkommission in Schönefeld präsentierte. Eingeladen zur Diskussionsveranstaltung hatten Markus Mücke, Bürgermeister von Schulzendorf, Herbert Burmeister, stellvertretender Vorsitzender der Schutzgemeinschaft der Umlandgemeinden und Gernut Franke, Sprecher der Ortsgruppe des Bürgerverbandes Brandenburg-Berlin (BVBB). „Wir sind alle davon ausgegangen, dass die Flugzeuge am BBI in der Verlängerung der Startbahn geradeaus starten werden, so, wie es im Planfeststellungsbeschluss veröffentlicht wurde“, erklärte Schulzendorfs Verwaltungschef Mücke. „Dieser Standort ist falsch, das haben wir schon vor 15 Jahren gesagt“, fügte er hinzu. Die Bild-Zeitung veröffentlichte am Freitag einen von 1998. Der damalige Chefs der BBI-Planungsgesellschaft forderte darin vom Bundesverkehrsministerium auf die Deutsche Flugsicherung einzuwirken, die abknickenden Flugrouten nicht im Gutachten zu nennen, sondern vielmehr bei den geradeaus führenden Routen zu bleiben. Darüber, ob dieses Schreiben rechtlich relevant sein könnte, mochte Mücke sich jedoch nicht festlegen. Von den Flugrouten, die am 6. September von der Deutschen Flugsicherung (DFS) der Fluglärmkommission vorgelegt wurden, seien alle überrascht gewesen. Dadurch seien ganz neue Betroffenheiten entstanden. In der Konsequenz hätten sich zahlreiche Bürgerinitiativen gegründet. In Schulzendorf selbst gäbe es derzeit keine eigene Bürgerinitiative. Mücke erklärte die Zuständigkeiten der Fluglärmkommission und welche Möglichkeiten diese bei der Planung künftiger Flugrouten habe. Die Kommission habe eine beratende Funktion. Die Beschlüsse und Vorschläge würden an die Genehmigungsbehörde und die DFS weiter geleitet. Diese hätten lediglich empfehlenden Charakter. Auf Nachfrage der Eichwalder Nachrichten erklärte Mücke: „Die Fluglärmkommission ist keineswegs ein zahnloser Tiger.“ Über die Vorschläge, welche die Kommission einreiche, müsse bei der Flugsicherung entschieden werden und im Falle einer Ablehnung müsse diese begründet werden. Zwar seien die Sitzungen der Fluglärmkommission nicht öffentlich, jedoch gäbe es im Anschluss an die Sitzungen immer eine Informationsveranstaltung, in der dann berichtet werde. Bei der nächsten Sitzung der Fluglärmkommission am Montag (13.12.2010) werde zunächst ein neuer Vorsitzender gewählt, da Bernd Habermann, bisheriger Vorsitzender der nunmehr 35 Mitglieder umfassenden Kommission, zurückgetreten sei. Gemeinsam mit den Gemeinden Zeuthen und Eichwalde werde er einen Antrag einreichen, dass die Flugrouten so gelegt werden sollen, dass so wenig Menschen wie möglich vom Fluglärm betroffen sein würden. Der Fluglärm solle gleichmäßig verteilt werden und nicht nur einzelne Gemeinden stärker belastet werden. Ministerpräsident Platzeck und Berlins regierender Bürgermeister Wowereit hätten sich klar dafür ausgesprochen, die wirtschaftlichen Interessen am BBI hinter dem Lärmschutz zu stellen. „Wenn der Standort nicht geeignet ist, dann müssten eben auch finanziellen Einbußen getragen werden und zwar auf Kosten der Wirtschaftlichkeit des Betreibers“, sagte Mücke.
Herbert Burmeister, stellvertretender Vorsitzender der Schutzgemeinschaft der Umlandgemeinden erklärte: „Der Lärm kann nicht beseitigt werden, sondern nur anders verteilt werden.“ Aber es dürfe keinen Nachtflug geben. „Von 22 bis 6 Uhr muss Ruhe sein“, forderte der ehemalige Schulzendorfer Bürgermeister. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig 2006 in seinem Urteil den Standort Schönefeld bestätigt, doch forderte es Nachbesserungen. Der Flughafenbetreiber müsse demnach den Bedarf für nächtliche Flüge zwischen 22 Uhr und 0 Uhr sowie zwischen 5 und 6 Uhr nachweisen. Der Argumentation, dass Gerichte den Nachtflug regeln sollten, wolle er nicht folgen. Die Diskussion um die Flugrouten sei nicht neu. „Wir haben auch in Leipzig darauf aufmerksam gemacht, dass die Routen im Planfeststellungsbeschluss nur vorläufig sind“, sagte Burmeister. Ob die Idee, bei Starts in Richtung Osten gleich nach dem Abheben noch vor der Autobahn nach Süden abzuschwenken, machbar sei, könne er nicht beurteilen. Dies sei sicher aber eine der Alternative, die geprüft werden müsste. Wer einen Flughafen im Stadtnahbereich baue, müsse sich darüber im Klaren, sein, dass es viele Betroffene gäbe. Ein Baustopp und Neubau Speerenberg sei sicher das Beste, aber politisch nicht durchsetzbar. Jetzt gehe es um Schadensbegrenzung.
Gernut Franke, Sprecher der Ortsgruppe des Bürgerverbandes Brandenburg-Berlin stellte fest, die Lärmbelastung Berlins und Potsdams sei hauptsächlich nicht durch den drohenden Fluglärm gegeben. Man könne nicht die Betroffenheit von Menschen, die in 3.000 Metern Höhe überflogen würden, mit jenen vergleichen, die in 300 oder 600 Metern überflogen würden. Das einzig Richtige sei ein unverzüglicher Baustopp und der schnelle Neuanfang in Speerenberg.
Weitere Informationen:
- Jürgen Schwenkenbecher, Berliner Zeitung (13.12.2010)
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