Leserbrief: Ich kaufe ein „H“ – Zum fehlenden Buchstaben im Namen der Kita Pinoccio
Die Kinderbuchfigur Pinocchio des italienischen Autors Carlo Collodi ist in aller Welt bekannt. Sie ist 1881 in einer italienischen Wochenzeitung unter dem Titel Le Avventure Di Pinocchio: Storia Di Un Burattino (Abenteuer des Pinocchio: Geschichte eines Hampelmanns) als erste kleine Fortsetzungsgeschichte mit der Holzfigur Pinocchio erschienen. Diese Geschichte wurde so populär, dass Collodi 1883 ein Buch unter dem Namen Le avventure di Pinocchio veröffentlichte. Das Buch erschien 1905 erstmals in deutscher Sprache unter dem Titel Hippeltitsch’s Abenteuer (in anderen Übersetzungen auch Das hölzerne Bengele), seit 1948 aber zumeist unter Die Abenteuer des Pinocchio. Auch andere Schriftsteller inspirierte diese Geschichte wie Otto Julius Bierbaum (Zäpfel Kerns Abenteuer) sowie Alexei Nikolajewitsch Tolstoi (Burattino oder das goldene Schlüsselchen) zum Schreiben. Pinocchio verwandelt sich am Ende der Geschichte nur in einen richtigen Jungen, wenn er hilfsbereit und fleißig wird. Des Weiteren wächst Pinocchios Nase bei jeder Lüge beträchtlich, was ihn natürlich verrät und letztlich vom Lügen abbringt. Kindern wird also vermittelt, dass Faulheit, Lügen und Ungehorsam nicht ungestraft bleiben. Die Figuren reagieren mit Erzieherfunktionen im Roman (Geppetto) weniger autoritär, sondern mehr verständnisvoll und mit Nachsicht, ebenso wie es Eltern und wohl tun würden. Wenn Pinocchio ein richtiger Junge, das heißt ein richtiger Mensch werden will, kann dies als Prozess des Erwachsenwerdens gesehen werden.
Vor zehn Jahren eröffnete die Kindertagesstätte Pinoccio ihre Türen und ist zum Markenzeichen und Eigennamen vieler Kinder und deren Eltern geworden. Sie identifizieren sich mit der Einrichtung sowie mit deren Erzieherinnen. Und das ganz ohne „H“ im Namen Pinoccio! So kommt es doch immer – wie bei jedem Namen oder Etikett – auf den Inhalt an. Dies fällt einigen Bürgern in Eichwalde und Schulzendorf bereits seit einiger Zeit auf. Und dies in einer Zeit, in der so viele Worte eingedeutscht werden oder englische Worte unsere Sprache bestimmen?
In einer Zeit des Sparens auf Grund knapper Kassen! Aber egal, nun muss schnell ein „H“ gekauft werden (voraussichtlich 3.000 Euro?). Sollte dieses Geld, welches aus Steuermitteln stammt, nicht für die Inhalte eingesetzt werden, als für ein fehlendes „H“? Wirtschaftlich ist dies wohl nicht zu vertreten! Und wenn Eltern an Pinoccio denken, denken sie zuerst an die Kita, in der ihre Kinder gehen, an schöne Feste, leuchtende Kinderaugen und die Gewissheit, dass ihr Kostbarstes in sehr guten Händen ist! Ökonomisch sowie pädagogisch ist der Kauf eines „H“ nicht zu vertreten! Wenn dem Rathaus ein „H“ fehlen würde, dann ergäbe das Wort einen ganz anderen Sinn. Rat-AUS! Und auch die Hüter der deutschen Sprache, haben mit der letzten Rechtschreibreform darauf geachtet, dass viele Worte eingedeutscht wurden und anders als vor 1905 geschrieben werden. Wenn man dies alles zusammen nimmt, können die verantwortlichen Stellen, diese Gelder für die inhaltliche Arbeit mit unseren Kindern einsetzen. So zum Beispiel für den 10. Geburtstag der Kita Pinoccio in diesem Jahr! So können die Eltern nur im Sinne der Buchfigur Pinocchio ermahnen, mit mehr Verständnis und Nachsicht zu reagieren, so dass der Name, welcher nun seit zehn Jahren besteht, auch für die nächsten zehn Jahre bestehen bleibt!
Und wer mit gesundem Menschenverstand hier das Gegenteil vertritt, dem soll die Nase wachsen! Wir brauchen kein „H“, wir brauchen Menschen, die hilfsbereit und fleißig sind, die unseren Kindern mit allem pädagogischen Feingefühl helfen, richtige erwachsene Menschen zu werden! Übrigens gibt es auch eine Bambusart, die sich Pinoccio schreibt. Darüber hat sich wohl noch kein Botaniker aufgeregt.
Von Peter Schulz, Eichwalde, Vater eines Kindes in der Kita Pinoccio
Kommentare sind geschlossen.