Erstmalig demonstrierten BBI-Betroffene in Eichwalde gegen Fluglärm und Nachtflüge
Eichwalde. Schätzungsweise 800 Menschen protestierten am Sonnabend Vormittag (12.2.2011) gegen den drohenden Fluglärm vom neuen Flughafen BBI Schönefeld. Der Betreiber baut diesen zum Großflughafen aus mit dem Ziel, ihn zum internationalen Drehkreuz zu machen. Die Ortsgruppe des Bürgervereins Brandenburg Berlin (BVBB) und die Gemeinde Eichwalde haben zur Protestkundgebung am Markt- und Festplatz in Eichwalde aufgerufen. Es war die erste Demonstration um den BBI-Standort Schönefeld überhaupt, die in Eichwalde stattfand.
Mit Blick auf die von der Deutschen Flugsicherung (DFS) im September 2010 vorgeschlagenen Flugrouten für Starts in Richtung Osten sagte Eichwaldes Bürgermeister Bernd Speer: „Ich bin enttäuscht von anderen Bürgermeistern in der Region, die den Eindruck erwecken, dass alles Entschieden ist. Das stimmt so nicht.“ Die eigentliche Arbeit erfolge in der Fluglärmkommission, welche die von der DFS vorgeschlagenen Flugrouten prüfe. „Die Verantwortlichen haben die Arbeit von Oben nach Unten weg delegiert. Wir sind alle keine Flugrouten-Experten“, erklärte Speer. Die Routen der Anflüge auf den BBI seien seit zehn Jahren bekannt, jetzt gehe es um die Abflugrouten. Die in letzter Zeit geforderte Rückkehr zu den Flugrouten, wie sie im Planfeststellungsbeschluss veröffentlicht wurden, wollte der Eichwalder Bürgermeister allerdings nicht unterstützen. Die protestierenden forderten hingegen den sofortigen Baustopp am BBI-Standort Schönefeld.
Speer hatte es schwer, sich gegenüber Baustopp-Rufern durchzusetzen. Er wurde immer wieder von Zwischenrufern unterbrochen. Die neuen Flugrouten müssten so gewählt sein, dass so wenig Überflüge über besiedeltem Gebiet wie möglich stattfänden. Der Forderung nach einem Baustopp erteilte er aber eine klare Absage. Er müsse sich als Bürgermeister für Eichwalde realistische Ziele setzen. Die Demonstranten kommentierten dies mit lautstarken Protesten und verlangten, dass sich der Kommunalpolitiker für ihre Interessen stärker einsetzt. Er zeigte Verständnis für die Forderung des Baustopps, erklärte aber: „Sie können auf der Straße ganz andere Ziele verfolgen, als ich das kann.“ Er appellierte daran, sich nicht durch unterschiedliche Detailauffassungen auseinander treiben zu lassen, sondern gemeinsame Ziele zu sehen und zu verfolgen.
„Ich bin dankbar für die Verbundenheit der Bürgermeister in Schulzendorf, Zeuthen und Eichwalde“, sagte Beate Burgschweiger, Zeuthens Bürgermeisterin. Wenn am Montag die Fluglärmkommission tage, würden sie als Bürgermeister keine Flugrouten entwickeln. Allerdings würden sie die besten Routen für die Region ringen. Die Schutzgemeinschaft der Umlandgemeinden, in der sich sechs vom Fluglärm betroffene Kommunen zusammengeschlossen hätten, klage nun am Bundesverwaltungsgericht gegen den Nachtflug, mit dem Ziel ein striktes Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr zu erreichen. Es gehe bei der Diskussion vor allem um Vertrauensschutz, denn „wir sind betrogen worden“. In den Planungen des BBI sei immer wieder betont worden, dass die Gemeinde Zeuthen nicht vom Fluglärm betroffen sei. Sie hätte kein Mitspracherecht im Planfeststellungsverfahren gehabt.
„Ein Satz muss immer wieder gesagt werden. Der Standort Schönefeld ist falsch“, sagte Markus Mücke. „Wir alle wollen nicht unter Fluglärm leiden. Wir sollten uns nicht aufspalten lassen.“ Sondern man solle gemeinsam gegen die Interessen des Flughafengeschäftsführers Rainer Schwarz, gegen Ministerpräsident Matthias Platzeck, Berlins regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer auftreten. Es dürfe keine Flugrouten über dicht besiedeltem Gebiet geben und ebenso keinen Nachtflug zwischen 22 und 6 Uhr.
Betroffene Bürger ergreifen das Wort
Der Eichwalder Thomas Kalus erklärte, dass im Planfeststellungsbeschluss Flugrouten eingezeichnet seien, welche die Realität kaum widerspiegelten. Darin seien gerade Kurslinien eingezeichnet auf deren Basis die Lärmschutzzonen festgelegt worden seien. Tatsächlich aber, würden sich die Flugzeuge künftig innerhalb eines Korridors bewegen. „Wenn diese Korridore nicht berücksichtigt werden, dann ist die Planfeststellung falsch“, erklärte Kallus. Also müsse die Planfeststellung neu aufgerollt werden. Das habe für die Bürger die Konsequenz, dass die Lärmschutzgutachten auf der Basis des Planfeststellungsbeschlusses anfechtbar seien. So lange dieser Sachverhalt nicht geklärt sei, sollten Betroffene keine Lärmschutzanträge unterzeichnen. Es sei eine Katastrophe, was hier in Eichwalde passiert sei. 2005 habe man einen Bebauungsplan für das Bildungszentrum Stubenrauchstraße aufgestellt, obwohl mit einem Dauerschallpegel zwischen 72 und 80 Dezibel zu rechnen sei. In dieses Gebiet habe die Gemeinde den Schulneubau geplant. Die Verwaltung habe keine sachliche Abwägung zur Gesundheitsbelastung der Schüler vorgenommen und ebenso versäumt die Eignung des Standortes zu prüfen. Also habe sich die Gemeinde nicht für die Interessen der Bürger eingesetzt. Kallus kritisierte auch die damalige Ablehnung der CDU-Fraktion und der Fraktion Die Linke, für die Gemeinde eine eigene Lärmmessstation anzuschaffen.
Manfred Baum, ebenfalls Eichwalder, setzte sich in seiner Ansprache für den sofortigen Baustopp am BBI ein und verwies auf ein Konzept für die Nutzung der bisher errichteten Gebäude am Standort Schönefeld. Dieses Konzept werde der BVBB in der kommenden Woche der Öffentlichkeit vorstellen.
„Der neue Flughafen BBI wird die gesamte Region um Schönefeld verlärmen“, sagte Klaus Dierke, Sprecher der BVBB-Ortsgruppe. Die Politik behandele die Menschen der betroffenen Ortschaften als Menschen vierter Klasse. Mit dem Dialogforum seien die Bürgermeister gekauft worden. Die Bürger müssten stärker beteiligt werden, damit Infrastrukturmaßnahmen den betroffenen Bürgern zugute kämen. Der Flughafenbau folge den politischen Interessen von einigen wenigen Leuten, die ihre Investitionen wieder herein holen wollten. Ziel sei es einen Baustopp in Schönefeld zu erreichen. Der BVBB habe inzwischen viel Geld mit großer Unterstützung von den Bürgern in Prozesse investiert, bereits für 50 Euro könnten Bürger Klagen in Sachen BBI unterstützen, warb Dierke für eine Klage-Aktie, die beim BVBB erhältlich sei. Künftig solle der Markt- und Festplatz in Eichwalde verstärkt als ein neues Zentrum des Widerstandes in Zeuthen, Schulzendorf, Schmöckwitz, Eichwalde und Karolinenhof gegen BBI genutzt werden. Es werde sicher demnächst öfter in Eichwalde gegen den BBI demonstriert werden.