Bahn-Angestellte gingen im Westen auf Einkaufstour für die S-Bahn
Eichwalde. Ortschronist Wolfgang Flügge freute sich über die rund 70 Bürgerinnen und Bürger, die am Donnerstag zur Vorstellung des Themenheftes über die S-Bahn in die Alte Feuerwache kamen. Am 1. Mai vor 60 Jahren wurde die Elektrifizierung der S-Bahnlinie nach Königs Wusterhausen groß gefeiert. Zu diesem Anlass hat die Gemeinde die Broschüre die Broschüre Die Berlin-Görlitzer Eisenbahn und der Bahnhof Eichwalde heraus gegeben. Flügge hatte zusammen mit Christel Marggraf, Burkhard Fritz und Joachim Heinig, der das Projekt fachlich begleitete, das 68 Seiten umfassende Heft erstellt. Erhältlich ist es zum Preis von 4,50 Euro in der Eichwalder Buchhandlung und im Ortsarchiv in der Bahnhofstraße.
„Orte mit einem eigenen S-Bahn-Anschluss haben einen ganz enormen Standortvorteil“, sagte Michael Braun, der über die Nachkriegsgeschichte der S-Bahn und der Strecke von Grünau nach Königs Wusterhausen referierte. Der vollständige Wiederaufbau des Berliner Schienennetzes nach dem zweiten Weltkrieg und den Ersatz der von den russischen Besatzern demontierten Gleisen und Eisenbahntechnik hätte mehr als 600 Millionen Mark verschlungen. Auch die Kurbelwellenfabrik Schwarzkopf sei im März 1946 von der Demontage betroffen gewesen, ebenso das zweite Gleis nach Königs Wusterhausen. S-Bahn und Fernverkehr fuhren heute wie damals auf getrennten Gleisen.
Bereits im Juni 1947 habe man in Eichwalde eine Kreuzungsstelle eingerichtet, damit auf der eingleisigen S-Bahnstrecke entgegen kommende Züge passieren konnten. Im August 1948 sei die Elektrifizierung beschlossen worden, schon Anfang 1949 wurde ein Bauzug eingesetzt. Im Mai 1940 habe man mit der Verlängerung des Fußgängertunnels am Eichwalder Bahnhof begonnen. Das zweite Gleis der 14 Kilometer langen Strecke von Grünau nach Königs Wusterhausen sei ab Mai 1949 verlegt worden. 1950 habe die Regierung beschlossen, die Maschinenfabrik in Wildau zum Schwerpunktbetrieb auszubauen.
Zwischen 5.000 und 6.000 Arbeitsplätze seien nach dem Krieg in Wildau bis 1950 entstanden. So sei es dringend notwendig gewesen, schnelle Transportwege für die Arbeiter und Angestellten zu schaffen. Kaum einer habe damals ein Auto besessen, und ein Fahrrad sei damals nicht selbstverständlich in jedem Haushalt gewesen. Die Finanzierung des Ausbaus der S-Bahn habe sich schwierig gestaltet. Auf Initiative der Blockparteien seien daher Spendenmarken zu 1, 2 und 5 DM verkauft worden.
Der Bau neuer Stellwerke sei ebenso problematisch gewesen. Denn fehlte an Fachwissen und speziellem technischen Material, da bestimmte Gegenstände durften damals nicht vom Westen an die noch junge DDR verkauft werden. So seien Angestellte mit Devisen in den Taschen in den Westen auf Einkaufstour für die S-Bahn geschickt worden. Ein Aktenvermerk, den Braun zeigte, belegt dies.
Bis zur Einweihung der elektrifizierten Linie am 1. Mai 1951 wurden rund 25.000 Schwellen verlegt, ein Umspannwerk in Zeuthen errichtet und entlang der S-Bahngleise Stromschienen verlegt. Gefeiert wurde der große Tag mit dem damaligen Verkehrsminister Reingruber und viel lokaler Prominenz in Königs Wusterhausen, Eichwalde, Grünau, Zeuthen und Wildau.