Horst Köhler: „Global denken, lokal handeln ist aktueller denn je“
Wildau. Den zentralen Herausforderungen des neuen Jahrtausends sei nur gemeinsam zu begegnen, erklärte der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler, vergangenen Mittwoch (20.2.2013) in Wildau. Im Kern ging es in seinem Vortrag darum, wie die nachhaltige globale Entwicklung fortgeschrieben und Perspektiven gegen die weltweite Armut zu entwickelt werden können. Dabei machte er insbesondere jungen Menschen Mut, sich einzumischen: „Reden Sie mit, beteiligen Sie sich! Die neue globale Agenda muss den Anspruch haben, dass sie nicht nur die große Politik ändert, sondern von jedem als Teil gelebt werden kann“, sagte Köhler. Schätzungsweise 400 Menschen aus lokaler und regionaler Politik sowie aus der Wirtschaft, Studenten und Bürger verfolgten in der Bibliothek der Technischen Hochschule Wildau den Vortrag von Köhler. Für Diskussionen am Schluss des Vortrags blieb nur wenig Zeit.
Armut in der Welt verringern
Ende Juli 2012 wurde Horst Köhler von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon als Mitglied in ein Experten-Gremium der Vereinten Nationen berufen. Dieses soll die acht Ziele fortschreiben und ergänzen, welche die UNO-Generalversammlung im September 2000 verabschiedete. Diese Ziele wurden formuliert, um bis zum Jahr 2015 die Armut in der Welt zu verringern und die nachhaltige Entwicklung vor allem in Entwicklungsländern zu verbessern.
Nach dem Ende des kalten Krieges und nach den letzten Jahrzehnten könne man das, was im September 2000 von der Generalversammlung verabschiedet wurde, als einen Meilenstein der Menschheit bezeichnen, machte Köhler deutlich. „Wir leben auf einem Planeten, dessen Ressourcen endlich sind. Der Klimawandel, die globale Finanzkrise und Krankheitsepidemien sind unwiderruflich ineinander verwoben. Kein Land – so reich und mächtig es sein mag – kann seinen Wohlstand nicht beibehalten, ohne Verhältnisse in armen Regionen zu berücksichtigen.“
„Die Welt ist auf einem viel versprechenden Weg.“
Es sei seiner Einschätzung nach, seit dem Jahr 2000 sehr viel erreicht worden, trotz allem was noch nicht erreicht wurde. Vor allem bei dem Ziel die Armut zu halbieren, sei die Welt trotz der Wirtschaftskrise 2008/09 auf einem vielversprechenden Weg. Der Ex-Bundespräsident gab aber zu bedenken, dass nach heutiger Sicht Armut so definiert sei, dass die betroffenen Menschen mit weniger als 1,25 US-Dollar am Tag auskommen müssen. Voraussichtlich werde bis 2015 der Anteil dieser Menschen auf weniger als 15 Prozent gesungen sein. Das seien aber als absolute Zahl noch immer eine Milliarden Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben müssten, gab der Politier zu Bedenken. Dass sich die Entwicklung so positiv entwickelt habe, sei hauptsächlich auf das Wachstum in China zurück zuführen. In Staaten südlich der Sahara könne jedoch das Wachstum kaum mit der Zunahme der Bevölkerung Schritt halten. Im vergangenen Jahr lebten dort rund 380 Millionen unterhalb der Armutsgrenze.
Deutliche Erfolge habe man auch beim Zugang zu sauberem Trinkwasser und beim Kampf gegen Tuberkulose und andere Krankheiten erreichen können, so Köhler. Dennoch sei unbestritten, dass sich schon heute abzeichne, dass die Zielmarken dazu nicht erreicht würden. Dennoch habe die Entwicklung der vergangenen Jahre die internationale Zusammenarbeit geprägt wie niemals zuvor. Dabei seien die formulierten Ziele messbar und nachvollziehbar gemacht worden. Das sei aber nur ein kleiner Ausschnitt, denn Frieden, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit sei in Entwicklungsländern noch immer unterrepräsentiert.
Moralische Instanz
Die Worte des ehemaligen Staatsoberhauptes klangen sicher gut in den Ohren der Zuhörer. In der viel zu kurz gehaltenen Diskussion kamen nur wenige zu Wort. Aber es dürfte aus dem Vortrag deutlich geworden sein, dass das Experten-Gremium der Vereinten Nationen lediglich eine moralische Instanz ist und keinerlei Entscheidungsgewalt hat, also ein zahnloser Tiger ist. Es ist kaum anzunehmen, dass dieses Gremium der globalen Politik Empfehlungen geben kann, die beispielsweise mit Gewinneinbußen multinationaler Konzerne verbunden sind.
Köhler ging auf die Arbeitsweise des Experten-Gremiums ein, dem der britische Premierminister David Cameron als Co-Vorsitzender, die liberianische Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf und der indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono angehören. Darüber hinaus sind auch Internationaler Konzerne, beispielsweise Unilever vertreten. Der kolumbianische Außenminister gehören ebenso, wie der Bürgermeister von Istanbul zum Gremium. Derzeit bestehe Einigkeit darin, dass die neue Agenda soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit umfassen müsse, so Köhler. Die Beteiligung möglichst vieler Gruppen halte er für wichtig. Bei dem breiten Diskussionsprozess gelte es, auch jene zu beteiligen, die sonst keine Stimme hätten, nämlich junge Menschen und Menschen mit Behinderung.
„Die Mensch müssen sich als Teil der Schöpfung verstehen. Das führt zu einem Denken, das jedem eine Gelegenheit gibt, täglich etwas für die globale Entwicklung zu tun. Der alte Slogan Global denken, lokal handeln ist aktueller denn je“, sagte „Wir alle haben die Verantwortung, darüber nachzudenken, in welcher Welt wir leben wollen. Es ist absurd, dass in einem Jahrhundert des Überflusses Menschen noch immer an Unterernährung sterben. Wir müssen Ziel haben, dass wir als Weltgemeinschaft ohne Angst vor Terror oder Krieg leben können. Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, diese Dinge versuchen zu erreichen“, fügte er hinzu.
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