Was Eichwalder Kommunalpolitiker über eine Kreisfusion denken
Eichwalde. Wie stehen die Lokalpolitiker in Eichwalde zum Vorschlag des CDU-Kreisvorsitzenden Carsten Saß, über einen Zusammenschluss des Landkreises Dahme-Spreewald mit dem Kreis Teltow-Fläming zu diskutieren? Wir haben am 18. April 2013 per E-Mail nachgefragt bei den Fraktionsvorsitzenden und bei einzelnen Gemeindevertretern, die in einer Koalition in der Gemeindevertretung arbeiten.
Eberhard Brink (FDP): „Kreisfusion hat geringe Priorität – Kommunalreform ist überfällig.“
„Die Diskussionen zu möglichen Kreisfusionen sind auch in der FDP im Fluss“, antwortete Eberhard Brink (FDP) per E-Mail. Da die Meinungsbildung innerhalb der Partei noch nicht abgeschlossen sei, gab er seine persönliche Einschätzung:
„Die Kreisfusion mit Teltow-Fläming ist aus meiner Sicht eine bessere Variante als die Fusionen in östlicher oder südlicher Richtung. Generell sehe ich bei größeren Kreisen weniger Probleme in der Verwaltung selbst als vielmehr in einer angemessenen Bürgerbeteiligung – angefangen von den Kreistagsabgeordneten und sachkundigen Bürgern bis hin zu den verschiedenen Beiräten. Die Belastungen nehmen zu, die Detailkenntnisse vor Ort aber ab.
Ich gebe einer Kreisfusion eine deutlich geringere Priorität als einer Kommunalreform im dicht besiedelten Berliner Umland. Diese ist aus kommunalpolitischer Sicht längst überfällig und würde die Erfüllung kommunaler Aufgaben deutlich erleichtern, Schwächen der gegenwärtig politisch getrennten, aber eng verzahnten Siedlungsgebiete ausgleichen und Stärken stärken. Konkret verspreche ich mir von einer Fusion von Eichwalde und Schulzendorf – eventuell noch mit Zeuthen – erhebliche Synergien für das gesamte öffentliche Leben. Leider ist die Akzeptanz solcher Vorschläge in den Gremien relativ gering. Es bedarf geduldiger öffentlicher Diskussionen und Abwägungen zum Abbau mentaler Barrieren, das gilt natürlich auch für die diskutierten Kreisfusionen.“
Sabine Peter: „Wir müssen darauf achten, dass die Einwohner bei der Fusion mitgehen“
Sabine Peter ist für die Wählergemeinschaft Siedler und Hausbesitzer (SuH) im Gemeindeparlament. Sie ist Mitglied der Fraktion Linke/SuH und erklärte ihre persönliche Sicht ebenfalls per E-Mail:
„Ich sehe die Zusammenlegung von Kreisen mit gemischten Gefühlen. Die Frage muss doch lauten, wer hat welchen Nutzen davon? Fühlen sich die Bewohner in den neuen Kreisen noch zu Hause? Wenn Orte und Gemeinden über die Kreisgrenzen hinaus nachbarschaftlich gut arbeiten, ist das zu begrüßen. Eine solche Zusammenarbeit sollte das Ziel jeder Politik sein. Aber wir müssen darauf achten, dass die Einwohner bei der Fusion mitgehen und die jeweiligen Ämter für sie mit akzeptablem Aufwand erreichbar bleiben. Weite Wege für die Bevölkerung sind unbeliebt und aufwendig, oder sollen dann Zweigstellen in verschiedenen Orten entstehen? Wir haben nach der Wende etliche Änderungen erfahren, zum Beispiel vor 20 Jahren die Gründung unseres jetzigen Kreises.
Auch für die Abgeordneten dürfte die Arbeit schwerer werden, da das Territorium, in dem wir uns auskennen sollten, wesentlich größer wird. Sollte Potsdam jedoch Fusionen erzwingen, ist es sinnvoll, sich im Vorfeld selbst einen Partner zu suchen.“
Bärbel Schmidt (SPD): „Eine Fusion bedeutet für den Bürger größeren Aufwand und längere Verwaltungswege.“
Bärbel Schmidt, SPD-Fraktionsvorsitzende und vorsitzende des SPD Ortsvereins hat sich mit dem Vorstand und der Fraktion über den Vorschlag von Carsten Saß beraten. Sie erklärte dazu:
„Natürlich gibt es für eine eventuelle Fusion immer gute Argumente dafür und andere, die dagegen sprechen. Entscheidend ist, welchen Argumenten man Priorität einräumt. Mir erschließt sich nicht, welche Notwendigkeit sich für Herrn Saß als Vorsitzender der Kreis CDU ergibt, zum jetzigen Zeitpunkt bereits zu einer abschließenden Meinung zu kommen und nur die prognostizierten Vorteile darzulegen.
Eine Fusion bedeutet auch kokret für den Bürger größeren Aufwand und längere Verwaltungswege. Kommunalpolitiker (Kreistagsabgeordnete) könnten einen solchen Großkreis kaum bewältigen, der unmittelbare und notwendige Kontakt zum Bürger ginge verloren. Transparenz und Nachvollziehbarkeit politischer und verwaltungsmäßiger Tätikeit leidet und die demokratische Beteiligung der Einwohner in Entscheidungsprozesse wird auf das gesetzlich geregelte Minimum reduziert.
Unser seit jahrzehnten SPD geführte Landkreis und die Ergebnisse der soliden Wirtschafts-, Finanz und Sozialpolitik müsste sich den Zwängen, die sich durch die Fusion mit einem zurzeit hoch verschuldeten Landkreis Teltow-Fläming ergeben, anpassen. Was nichts anderes bedeutet, als dass die Kreisumlage, die seit Jahren zu den niedrigsten im Land Brandenburg zählt, erhöht werden müsste. Damit würde sich die Abgabenpflicht der Gemeinde wesentlich erhöhen.
Viele soziale und freiwillige Leistungen mit denen der Sozialdezernent Herr Saß derzeit ein erfreuliches und stabiles Niveau halten kann, würden in Frage gestellt oder gar wegfallen müssen.
Auch sollten wir den Untersuchungsergebnissen der Landesregierung, für das gesamte Land Brandenburg Varianten zu prüfen und dann in breiter Diskussion optimale Lösungen zu finden, nicht vorgreifen und die Bürger unnötig verunsichern.
Jürgen von Meer (CDU): „Von Anfang an die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in die Diskussion einbinden!“
Der Fraktionsvorsitzende der CDU/FDP-Fraktion hat sein Statement innerhalb der Fraktion abgestimmt. Er ist ganz auf Parteilinie und teilt die Ansicht von Carsten Saß:
„Generell ist das Anliegen von Carsten Saß zu begrüßen und wert zu unterstützen. Ich finde es sehr positiv, wenn eine eventuelle Kreisfusion auf freiwilliger Basis ergebnisoffen mit allen Beteiligten diskutiert wird. Die Beteiligten vor Ort können am besten einschätzen, welche Vorteile und eventuell auch Nachteile eine solche Fusion in sich birgt.
In der Vergangenheit hat es schon zahlreiche Fusionen von Landkreisen, zuletzt in Thüringen, gegeben. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger spüren hiervon in der Regel nichts, außer einer neuen Landkreisbezeichnung auf den Ortsschildern. Freiwillige Fusionen sind immer besser als Kreisgebietsreformen, die in der Regel am grünen Tisch der Landesverwaltungen getroffen werden.
Wichtigstes Ziel in meinen Augen ist es, offen und ehrlich zu diskutieren. Ferner sollten von Anfang an die Meinungen der Bürgerinnen und Bürger mit in die Diskussion eingebunden werden. Nur so erfährt man, welche Vorteile sich die Bürger von einer Kreisfusion erhoffen und welche Nachteile sie befürchten.
Martin Kalkoff (Linke): „Was unausgereift ist, läuft Gefahr zu scheitern.“
Martin Kalkoff, Fraktionsvorsitzender der Linke/SuH erklärte, dass innerhalb der Fraktion das Thema Kreisfusion nicht diskutiert wurde. Auch habe seine Partei in Eichwalde keinen eigenen Standpunkt dazu formuliert. Als persönliche Einschätzung schreibt Kalkoff:
„Über die Zusammenlegung der beiden Landkreise Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming zu spekulieren oder zum jetzigen Zeitpunkt sie den Bürgern schmackhaft machen zu wollen, ohne sich auf gesicherte Erkenntnisse der Enquetekommission des Landtages zur Kommunalreform stützen zu können, halte ich für falsch. Erst vor kurzem haben sich die politischen Parteien auf einen abzuarbeitenden Aufgabenkatalog geeinigt. Der sollte ohne Hast und ohne Druck von außen abgearbeitet werden. Das scheint aber der CDU-Kreisvorsitzende Carsten Saß nicht so zu sehen. Ich kann seine gewichtigen Argumente nicht so richtig nachvollziehen.
Eine Zusammenarbeit beispielsweise in Fragen der Entwicklung des Flughafenumlands scheitert sicher nicht an der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Kreisen. Die gemeinsamen Anstrengungen der vom Fluglärm bedrohten Gemeinden beider Kreise hinsichtlich des erforderlichen Lärmschutzes, die Arbeit der Schutzgemeinschaft etc., mögen dafür als Beispiele dienen. Was unausgereift ist und also auch nicht in seinen positiven wie negativen Auswirkungen abschließend bewertet werden kann, läuft Gefahr zu scheitern. Beispiele haben wir zuhauf.
Wenn Herr Saß begeistert von einer ,starken Stimme aus Brandenburg‘ spricht, so hoffe ich darauf, dass möglichst kein Kreis künftig mit schwacher Stimme sprechen möge, nur weil er der Verlierer einer Fusion von jetzt schon zwei starken Landkreisen ist. Lassen wir die Enquetekommission deshalb ihre Vorschläge machen. Das ist meine solidarische Haltung zu anderen Regionen Brandenburgs. Deshalb halte ich den Aufruf zu einer ,freiwillige Fusion‘ beider Landkreise für unausgegoren und fehl am Platz. Es werden sich hoffentlich solche Vorschläge durchsetzen, die einen breiten Konsens in der Gesellschaft finden. Mag sein, dass vieles aus Dahme-Spreewald und Teltow-Fläming in einen neuen Großkreis einfließen wird. Das alles bleibt aber abzuwarten.
Die Fraktion der Wähler-Initiative und die Grünen haben wir ebenfalls um eine kurze schriftliche Stellungnahme gebeten. Eine schriftliche Antwort von der Fraktionsvorsitzenden der Wähler-Initiative Eichwalde, Britta Arnold und von Birgitt Klunk, Bündnis90/Grüne liegt derzeit noch nicht vor.
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