Norbert Vogel zeigt die Lebenswirklichkeit aus zwei Gesellschaftssystemen
Eichwalde. Die Hälfte seines Lebens verbrachte er in der sozialistischen DDR, die andere Hälfte in der kapitalistischen Bundesrepublik des wiedervereinten Deutschlands. Der Fotograf Norbert Vogel hat 50 Jahresbilder aus der Zeit von 1964 bis 2014 zu einer sehenswerten Ausstellung zusammen gestellt. Anlass für die Werkschau ist 70. Geburtstag des Fotografen. Die Vernissage am vergangenen Freitag war außerordentlich gut besucht. Die wenigen Stühle waren hauptsächlich älterem Publikum vorbehalten. Viele Kulturbegeisterte, teilweise Freunde, Verwandte und Weggefährten des Künstlers nahmen das jedoch gelassen.
Bisweilen zeigen die Bilder des Eichwalder Fotografen mit augenzwinkerndem ironischen Blick die Lebenswirklichkeit der DDR und der Zeit nach dem Fall der Mauer vor fast 25 Jahren. Deutlich wird das zum Beispiel an dem Foto, das Hebammen eines Krankenhauses in Ostberlin nach einer Geburt zeigt. Lässig miteinander plaudernd legt eine der beiden Hebammen ihren Ellebogen auf das angewinkelte Knie der frisch gebackenen Mutter und lässt dabei die Hand locker baumeln. Ihre Kollegin nimmt eine ähnlich entspannte Haltung ein und nutzt dazu die Beinstütze des Gebährstuhls.
Ein anderes Werk zeigt ein typisches Banner an einer Mauer, das für den Aufbau des Sozialismus wirbt. Direkt davor parkt ein Mercedes Benz. Aber auch Alltägliches ist zu auf den Fotos zu sehen: eine Tanzveranstaltung in einem Gasthaus in Eichwalde, ein Rock-Konzert im Jugendclub, die Landschaft am Zeuthener Winkel, ein LPG-Arbeiter auf einem Acker, der zuversichtlich in die Kamera blickt. Das Aktfoto, das am Strand wirkt so, als sei es ganz beiläufig an einem FKK-Strand aufgenommen worden. Dem genauen Betrachter wird aber deutlich, dass dieses Bild ein Profi in Szene gesetzt hat.
Mit seinen Arbeiten ist Norbert Vogel zu DDR-Zeiten auch manchmal angeeckt. Denn die Auftraggeber wollten lieber das idealisierte sozialistische Leben in der DDR gezeigt haben – nicht die Realität, so wie der freiberufliche Fotograf es durch Objektiv und Sucher gesehen habe, hob Cord Schwartau in seiner Laudatio hervor. Schwartau selbst lebte in West-Berlin, als Norbert Vogel, in Leipzig studierte. Er schlug eine Brücke von den Scharzweißfotos, die Vogel zu DDR-Zeiten machte, zu den zeitgleichen Entwicklungen in West-Berlin und Westdeutschland.
Für den musikalischen Rahmen sorgte Gerlint Bötcher, Pianistin aus Eichwalde. Cord Schwartau und Gerlint Bötcher sind für die Schlosskonzerte in Königs Wusterhausen verantwortlich. Die Schauspielerin Sibylle Kuhne trug Texte rund ums Thema Fotografie vor.
Im Erdgeschoss der Alten Feuerwache werden ausschließlich Schwarzweißfotos gezeigt. Im Obergeschoss sind farbige Arbeiten Vogels zu sehen. Bei freiem Eintritt ist die Werkschau noch bis zum 26. Oktober 2014 jeweils freitags bis sonntags von 15 bis 18 Uhr zu sehen. Wer mit Norbert Vogel persönlich ins Gespräch kommen will, der kann im Rahmen der Atelier-Tour am 12. Oktober 2014 die Ausstellung in der Alten Feuerwache besuchen. Der Fotograf wird an diesem Tag von 10 bis 18 Uhr Rede und Antwort stehen.
Norbert Vogel, 1944 in Berlin geboren, lernte die Fotografie beim Fotografen Kneiphof in Eichwalde und setzte von 1965 bis 1970 ein Studium für Grafik und Buchkunst in Leipzig auf. Nach dem Abschluss mit Diplom machte er sich selbstständig, arbeitete für Zeitschriften, Verlage und in der Werbung. Die Arbeit für die Zeitschrift „Deine Gesundheit“ bis 1993 war ihm immer sehr wichtig. Vor allem war es die kreative Freiheit, die er genoss. Hier konnte er an Reportagen, Aktfotografie und Fotomontagen arbeiten. Unterstützt wird die Bilderschau von der Gemeinde Eichwalde.