Angeklagter hat stundenlang auf Alyssa gewartet
Cottbus/Eichwalde. Vergangene Woche Donnerstag befragte die Jugendstrafkammer des Landgerichts Cottbus weitere Zeugen zum Mord an der 14-jährigen Alyssa aus Eichwalde. Dem 20-jährigen Angeklagten, wird vorgeworfen, die Schülerin brutal erstochen zu haben. Die Aussagen der vier Eichwalder Zeugen legen den Schluss nahe, dass der Angeklagte viele Stunden lang auf das Mädchen gewartet hatte, bevor es zum tödlichen Streit mit der Schülerin kam, die sich am Tag zuvor von ihm getennt hatte.
Peter S.: „Er hat auf irgend etwas gelauert.“
„Ich war nicht zur Tatzeit vor Ort, sondern gegen 7:10 Uhr bin ich mit unserem Hund gassi gegangen. An der Ecke Heinrich-Heine-Allee, Kollwitz-Straße am Zaun zum Sportplatz sah ich eine Person die merkwürdig gekleidet war. Die Kapuze seiner blauen Jacke hatte er tief ins Gesicht gezogen“, schilderte Peter S. seine Beobachtungen. Als etwa 1,60 Meter groß und etwas korpulent beschrieb der 67-jährige den jungen Mann. Ihm sei die Person merkwürdig vorgekommen, da sie sich immer wieder am Zaun nach vorn gebeugt habe. „Er hat etwas ausgespäht, auf irgend etwas gelauert, auf jemanden gewartet“, erklärte der Rentner.
Während er mit dem Hund weiter Richtung Stationstraße gegangen sei, seien ihm zwei Schülerinnen entgegen gekommen. Er habe sich umgeschaut, sei umgekehrt wieder Richtung S-Bahnhof gegangen um zu sehen, ob die Mädchen ungehindert an der fremden Person vorbei gehen konnten. Dabei sei er erneut an dem jungen Mann vorbei gegangen und ins Gesicht schauen können. Im weiteren Verlauf erklärte der Rentner, den Angeklagten wieder zu erkennen. Wie die Situation genau aussah hatte Peter S. mit einem Foto nachgestellt und dazu Skizzen angefertigt, die er dem Gericht zur Verfügung stellte.
Keine Hilfe von Autofahrern
Der Rentner Klaus D. schilderte was er am Nachmittag des 18. November 2013 an der geschlossenen Schranke an der Friedenstraße beobachtet hatte. Ein junger Mann sei ihm an den stehenden Autos entgegen gekommen und habe an jedem Fahrzeug an die Fenster der Fahrerseite geklopft und versucht, die Leute anzusprechen. Niemand habe reagiert, auch dann nicht, als der Jugendliche an den geschlossenen Autotüren gerüttelt habe. Der Zeuge erklärte, als zwölfer in dem Rückstau vor der Schranke gestanden zu haben, als ihn der junge Mann angesprochen habe. „Da hinten ist eine Messerattacke passiert“, habe der Jugendliche gesagt. Dabei habe er einen verwirrten Eindruck gemacht. Auch sei ihm die verletzte Hand des Jugendlichen aufgefallen. Der Rentner erklärte, unmittelbar danach den Rettungsdienst verständigt zu haben. Der Jugendliche sei aber zwei Mal in den Weg neben den Sportplatz und wieder zurück zur Schranke gelaufen. Dem Zeugen sei auch ein weiterer junger Mann mit blonden Haare aufgefallen, der aus Heinrich-Heine-Allee gekommen und Richtung Schulzendorf gegangen sei.
Zeuge begegnete dem Angeklagten zwei Mal
Der 68-jährige Jürgen E. aus Eichwalde hatte am Nachmittag den Streit zwischen Alyssa und dem Angeklagten mitbekommen. Die Tat selbst habe er aber nicht beobachtet.
Bereits am frühen Morgen gegen 7:20 Uhr habe er ebenfalls den jungen Mann mit der Kapuzenjacke an der Kätze-Kollwitz-Straße, Ecke Heinricht-Heine-Allee gesehen. Es sei ihm ungewöhnlich vorgekommen, dass so früh jemand an dieser Ecke Stand. Der Junge Mann habe den Hund noch gestreichelt. Am Nachmittags gegen 15 Uhr habe er an gleicher Stelle drei junge Leute gesehen, die miteinander in einem heftigen Streit geraten seien. Jürgen E. erklärte, er habe Alyssa vom Sehen her gekann, da sie immer diesen Weg zur S-Bahn gegangen sei.
Staatsanwältin Lukoschus zitierte aus der polizeilichen Vernehmung des Zeugen: „Sie hat mit dem Großen eher diskutiert, mit dem Kleinen gestritten.“ Der Zeuge habe den Kleinen als kräftig gebaut und als Pausbacke beschrieben. Mit dem Kleinen meinte der Zeuge den Angeklagten. Wegen zweier Schlaganfälle sei er sehr langsam mit dem Hund unterwegs gewesen und musst mitten durch die streitende Dreiergruppe gehen. Er sei noch 50-60 Meter weiter gegangen und habe dabei mitbekommen, wie sich die jungen Leute sehr laut gestritten haben. Details aus dem Streit habe er aber nicht verstehen können.
Alyssas Schulfreund stand wahrscheinlich unter Schock
Auch der Zeuge Gaston K. hatte den Hergang der Tat nicht beobachtet. Offenbar war er wenige Minuten nach dem tragischen Ausgang des Konflikts am Tatort vorbei gekommen. Zwischen 15 und 15:30 Uhr sei er von einem etwa 16-Jährigen mit blutender Hand etwa 50 Meter vom Tatort entfernt in der Heinrich-Heine-Allee angesprochen worden. Er habe ihn um Hilfe gebeten. „Er war sehr aufgeregt“, erklärte der Sozialpädagoge, konnte sich aber Detailis des Gesprächs nur bruchstückhaft erinnern. Er sei zu dem am Boden liegenden Mädchen gegangen und habe mehrere offene Wunden gesehen. Die Schülerin habe keinerlei regung mehr gezeigt. Er habe dann sofort die Polizei gerufen und versucht, den jungen Mann zu Beruhigen. Bei dem jungen Mann handelte es sich wohl um den 14-Jährigen Schüler Willi H., der Alyssa helfen wollte. Der Jugendliche habe davon gesprochen, dass er ein Freund des Mädchens sei, das am Boden lag. Er habe versucht seiner Freundin zu helfen. Im Verlauf des Gespräches sei er zusammengesackt, heißt es in dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll zur Zeugenaussage von Gaston K., aus dem die Staatsanwältin zitierte.
Richter Thomas Braunsdorf und Staatsanwältin Antje Lukoschus wollten vom Zeugen genauere Details über die Verletzungen am Körper des Opfers erfahren. Offenbar fragten sie deshalb danach, um einschätzen zu prüfen, ob Gaston K. tatsächlich in unmittelbarer Nähe des Tatort war. Dieser erklärte, dass er die zahlreichen offenen Wunden habe erkennen können, auch das Messer, welches noch im Körper der Schülerin steckte. Für Alyssas Mutter, die auch am Donnerstag zusammen mit ihrem Mann aufmerksam den fünften Prozesstag verfolgte, waren diese vom Zeugen geschilderten Details kaum zu ertragen.
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