Alyssas Mörder wurde zu 13 1/2 Jahren Haft verurteilt
Eichwalde/Cottbus. Rund siebeneinhalb Monate dauerte der Prozess um die in Eichwalde ermordete Schülerin Alyssa. Am Donnerstag fällte die dritte Strafkammer am Landgericht Cottbus unter großem Medieninteresse das Urteil in dem aufwändigen Mordprozess. Ein umfangreiches Verfahren zur Beweisaufnahme war notwendig, da der Angeklagte Maurice M., ein heute 21-Jähriger aus Lohmar bei Köln, zu den Vorwürfen schwieg. Die Kammer verurteilte ihn zu 13,5 Jahren Haft nach Jugendstrafrecht. Die Staatsanwaltschaft hatte Anfang April auf 15 Jahre plädiert, die Verteidigung hielt am Montag hingegen 9 Jahre für angemessen und argumentierte auf Totschlag. Die Richter sahen es aber als erwiesen, dass der junge Mann Alyssa ermordet hatte. Dabei hatte er einen Schulfreund von Alyssa verletzt, der ihr helfen wollte. Mit dem Urteil findet die grausige Bluttat ihr vorläufiges juristisches Ende. Für die Eltern ist der Verlust ihrer Tochter damit noch lange nicht abgeschlossen.
Während der Vorsitzende Richter Thomas Braunsfurt das Urteil begründete, saß Maurice – wie an allen Verhandlungstagen zuvor – mit gesenktem Kopf auf der Anklagebank, ohne eine Gefühlsregung zu zeigen. Als er in den Gerichtssaal geführt wurde, hatte Alyssas Mutter ein gerahmtes Foto ihrer Tochter auf dem Tisch vor sich platziert, so dass es auch für den Angeklagten sichtbar war. Während Kameramänner und Fotografen im Gerichtssaal waren, konnte M. das Foto durch das Loch in seinem leeren Aktenordner, mit dem er sein Gesicht verbarg, sehen.
Braunsfurt sah zwei der drei juristischen Mordmerkmale in diesem Verfahren bestätigt: Heimtücke und niedere Beweggründe. Die Grausamkeit als drittes Merkmal sah er zumindest zum Teil als gegeben an. „Diese Tat zu beurteilen, machte uns im Vergleich zu anderen Mordverfahren sprachlos. Es ist die grausigste Tat, die mir als Richter unter gekommen ist“, sagte er zu Beginn der Urteilsbegründung.
Zum Tatzeitpunkt war der Angeklagte 20 Jahre alt, Alyssa 14. Maurice hatte die Schülerin im Internet kennen gelernt. In seinen Chats habe er immer Druck auf sie ausgeübt, damit gedroht, sich umzubringen, wenn sie sich von ihm trennen würde. Ähnliche Kurznachrichten hatte er auch mit anderen jungen Mädchen ausgetauscht, zum Teil in gleicher Wortwahl.
„Alyssa hatte es letztendlich ihrem großen Herzen zu ,verdanken’, dass sie nicht mehr lebt“, so Braunsfurt. Sie habe sich auf ihn eingelassen, weil er ihr leid tat. Die Eltern hatten zunächst ein erstes Treffen zugelassen, bei dem der Angeklagte im Haus der Familie in einem anderen Zimmer getrennt von Alyssa übernachtete. Bei einem zweiten Treffen trennte sich Alyssa von ihm im Beisein der Eltern. Aufgrund des krankhaften Narzissmus, den der psychiatrische Gutachter in der Beweisaufnahme diagnostizierte, konnte der Angeklagte die Trennung nicht überwinden. Aus Verärgerung lauerte er ihr am nächsten Tag auf. Dieser Narzissmus mindere aber in keiner Weise die Schuldfähigkeit des Angeklagten, so der Richter.
M. hatte sich nach der Trennung von Alyssas Mutter zum Busbahnhof nach Berlin bringen lassen. Chat-Protokolle, die in dem Verfahren der Kammer vorgelegt wurden, belegten, dass M. vorgetäuscht hatte, auf dem Weg nach Köln zu sein. Stattdessen hatte er sich am Abend in Grünau in einem Hotel einquartiert. Am nächsten Morgen lauerte er Alyssa auf, begegnete ihr aber erst am Nachmittag, als sie mit ihrem Schulfreund Willi H. vom Bahnhof in Eichwalde kam. Sie wollten noch gemeinsam Hausaufgaben machen. Der Angeklagte stellte Alyssa zur Rede, es kam zum Streit. Willi H. entfernte sich ein Stück weit von den beiden, um ein klärendes Gespräch zu ermöglichen. Es kam zu einer mindestens 45 Minuten dauernden Auseinandersetzung, an dessen Ende sich Alyssa von M. abwendete. Aufgrund seiner narzisstischen Störung habe der Angeklagte es nicht ertragen können, dass sie das Gespräch beendete, so der Richter. Er schlug sie mindestens zwei Mal mit einer Bierflasche auf den Kopf, zerrte sie zu einem Baum und stach mit einem Messer auf sie ein. Später nahm er ein zweites, größeres Messer, setzte seine brutale Tat fort und ließ sich nicht von Alyssas Schulfreund davon abhalten. Er verletzte ihn, als er eingreifen wollte, an der Hand. Willi H. musste die grausige Tat mit ansehen.
„Es war keine Tat im Affekt. Er konnte nicht ertragen, dass Alyssa Schluss machte“, sagte der vorsitzende Richter. Darin habe die Kammer die niederen Beweggründe erkannt. Dass M. nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde, begründete das Gericht damit, dass der Angeklagte insgesamt sehr unreif wirkt. Er sei wirtschaftlich überhaupt noch nicht selbstständig, war zur Tatzeit noch Schüler und zeigte die typischen Lebensumstände eines Jugendlichen, der noch bei seinen Eltern wohnt.