Sozialwohnungen für wenige Flüchtlinge im alten Rathaus
Schulzendorf. Der Runde Tisch zur Asylpolitik in Schulzendorf gab am Samstag eine erste Empfehlung an die Gemeindevertretung. Statt das alte, derzeit leerstehende Rathaus in der Otto-Krien-Straße zu verkaufen, soll die Gemeinde versuchen, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen, um das Objekt in Eigenregie zu Sozialwohnungen umzubauen. Darüberhinaus empfiehlt das Gremium die Aktivitäten von Helferinitiativen zu koordinieren sowie ein Sicherheitskonzept mit der Polizei und dem Ordnungsamt zu erarbeiten. Außerdem soll geklärt werden, wie mit anerkannten Flüchtlingen und Asylanten umgegangen werden soll, die nach Schulzendorf ziehen könnten. Ferner sollten Fragen zur Asylpolitik im Ort und zur Integration der Menschen monatlich an einem fixen Termin mit den Akteuren besprochen werden. Der Runde Tisch, der zum dritten Mal tagte, hat als Beirat der Gemeindevertretung den Auftrag, Lösungsvorschläge zum Umgang mit Schutzsuchenden zu erarbeiten. Mitglieder des Gremiums sind Sprecher der Vereine, Bildungseinrichtungen, Fraktionen, Verwaltung und Anwohner der Otto-Krien-Straße.
Flüchtlingsfrage polarisiert die Menschen
Die Menschen in der Nachbargemeinde sind in der Frage, ob und wie viele Flüchtlinge der Ort aufnehmen sollte, zutiefst gespalten. Das spiegelt sich in den vertretenen Meinungen des Gremiums wider. Sie erklärten sich am Samstag dazu bereit, lediglich 20 Schutzsuchende im alten Rathaus einquartieren zu lassen – das entspricht rund 0,3 Prozent der Bevölkerung im Ort. Dabei bietet das Gebäude für bis zu 40 Menschen Wohnraum, wenn es geringfügig umgebaut wird. Noch vor rund vier Wochen sprachen sich die Bürger für die Unterbringung von maximal 50 Flüchtlingen und Asylbewerbern im Ort aus.
Wilfried Haase vom Bürger-Bündnis Freie Wähler bekräftigte erneut, dass eine Massenunterkunft in Schulzendorf nicht gewollt sei. Vielmehr solle die Gemeinde dezentral eigene Sozialwohnungen errichten, um Gemeinschaftsunterkünfte zu entlasten. Die Wohnungen könnten später auch von Einheimischen genutzt werden. Seiner Ansicht nach sei dies mit zinslosen Krediten zu finanzieren. Seine Ideen, die er bereits in den Sitzungen zuvor vertrat, fanden auch am Samstag keine Zustimmung. Offenbar verärgert darüber, verließ er den Runden Tisch mit den Worten: „Ich kann hier keinen Beitrag mehr leisten“.
Indes steht der Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) unter hohem Druck. Er hat die Pflicht, Menschen aus Kriegsgebieten und Asylbewerber, die hierzulande Schutz suchen, unterzubringen. Nach der Prognose des Landes Brandenburg müsse der LDS in diesem Jahr wahrscheinlich insgesamt 2.400 Asylbewerber und Flüchtlinge aufnehmen. Das hatte der Kreis Ende November in einer Pressemitteilung erklärt.
Landkreis will Unterkunft für 80 bis 120 Menschen
Der LDS hatte Anfang 2015 bei der Gemeinde Schulzendorf angefragt, ob sie das alte Rathaus als Gemeinschaftsunterkunft für 35 bis 40 Menschen zur Verfügung stellen kann. In den vergangenen Monaten hatte er seinen Wunsch nach oben korrigiert und möchte mindestens 80, eher aber 120 Personen auf dem Grundstück eine Unterkunft bieten.
Die Schulzendorfer Gemeindevertretung hatte den Beschluss, ob sie dem Landkreis Dahme Spreewald das ehemalige Rathaus für die Einrichtung einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylsuchende zur Verfügung stellen soll, vorerst auf Eis gelegt. Stattdessen hatte sie den Runden Tisch eingerichtet, um die sozialen Aspekte im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen zu klären.
Mehr als 1.300 Schutzsuchende leben nach Informationen des LDS derzeit in Gemeinschaftsunterkünften in Waßmannsdorf, Pätz, Massow und Neuendorf am See sowie in Notunterkünften in Kolberg und Zeesen. Fast 470 Asylsuchende sind in Wohnungen sowie in Wohnverbünden in Zützen, Walddrehna und Lübben untergebracht. Insgesamt leben demnach rund 1.800 Asylbewerber und Flüchtlinge im LDS. Das entspricht etwa 1,1 Prozent der Bevölkerung im Landkreis (Basis: Bevölkerung im LDS am 31.12.2014,Wikipedia).
Initiativen zur Hilfe werden mit Gefeixe quittiert
Wie sehr die Stimmung im Nachbarort aufgeheizt ist, lässt sich auch aus den gehässigen Kommentaren vereinzelter Bürger im Publikum schließen. Thomas Glaß, Sprecher des Fußballvereins SG Schulzendorf, berichtete aus seinen Erfahrungen als Polizist, die er während seiner Einsätze gesammelt habe. Die Flüchtlinge in seinem Einsatzgebiet seien absolut unauffällig. „Im Containerdorf gibt es keine Kriminalität“ und in den Geschäften der Umgebung keine Ladendiebstähle. Auch habe es in der Nähe keine Vergewaltigungen durch Flüchtlinge gegeben, so der Polizist. Vereinzelte Zuhörer im Publikum wollten die Erfahrungen des Polizisten nicht wahr haben und gaben leise und zurückhaltend gehässige Kommentare.
„Das sind alles Menschen. Man sollte erst einmal überlegen, wie man damit umgeht“, sagte die Sprecherin der Kindertagesstätte. In der Kita hat man bereits die Idee, in den Nachmittagsstunden Flüchtlingskindern deutsch beizubringen. „Dann kann sie ja nach Berlin gehen“, feixte ein Bürger aus dem Publikum.
Moderator Thomas Salm von Hoogstraeten schätzte die Zahl der Schulkinder und Kinder, die in den Kita-Einrichtungen betreut werden sollten, für eher gering ein. Vielmehr könne die Gemeinde nicht beeinflussen, ob es sich um Familien oder junge Männer handele, die im Ort untergebracht werden könnten. Ein weiterer Zwischenrufer bezeichnete dies als „Dummschwätz“. Salm von Hoogstraeten sagte: „Ich muss mich hier nicht beleidigen lassen“ und verwies den Bürger des Saales.
„Die Schulpflicht besteht auch für Kinder von Asylbewerbern. Die Flüchtlinge nehmen das auch wahr“, sagte der stellvertretende Bürgermeister Alexander Reech als Vertreter der Verwaltung. Das sei schon eine gewisse Herausforderung, denn die Schulen müssten auch in der Lage sein die Kinder aufzunehmen.
Findet der Landkreis keine geeigneten Objekte, darf er beschlagnahmen
Mit Blick auf die Unterbringung von Flüchtlingen machte Reech aber auch deutlich, dass der Landkreis die Möglichkeit zur Beschlagnahme habe, wenn die Not noch größer werde.
Nach Recherchen der Eichwalder Nachrichten ist die Beschlagnahme erst dann möglich, wenn der Landkreis seine eigenen Immobilien für die Nutzung als Gemeinschafts- beziehungsweise Notunterkünfte ausgeschöpft hat und keine weiteren Objekte auf dem Markt findet. Landrat Loge hatte in den vergangenen Monaten immer wieder klar gemacht, dass er dies unter allen Umständen vermeiden wolle. Für Eichwalde heißt das aber konkret: Prinzipiell kann der LDS in der Not kurzfristig Menschen in der Sporthalle des Humboldt-Gymnasiums, die sich am Gelände der Grundschule befindet, unterbringen. Das Gebäude gehört dem Landkreis, denn er ist Träger des Humboldt-Gymnasiums. Somit kann die Entscheidung der Gemeinde Schulzendorf auch einen Einfluss auf die Verhältnisse in Eichwalde haben.