Haushalt: Politik und Verwaltung müssen Notbremse ziehen
Eichwalde. „Ab 2016 wird mit einem Verlust von rund 926.000 Euro im Jahresergebnis gerechnet, 2017 sind es 505.000 und 2018 853.000, 2019 786.000 Euro.“ Das sind die Hiobsbotschaften, die der Wirtschaftsprüfer Hartmut Pflederer den Gemeindevertretern bei der Sitzung am Dienstag verkündete. Größte Tagesordnungspunkte war die Vorstellung der Analysen zur Haushaltsplanung 2016 und der folgenden Jahre sowie die ersten Sparvorschläge, die die Verwaltung den Gemeindevertretern präsentierte.
Wirtschaftsexperten der Firma Ebner Stolz aus Leipzig hatten die Haushaltsplanungen der Gemeindeverwaltung kritisch unter die Lupe genommen. Gemeindevertreter und Lokalpolitiker aller Fraktionen müssen nun den Rotstift ansetzen, um Kosten zu sparen und Lösungen finden, damit die Einnahmen der Gemeinde steigen. Die Gemeindeverwaltung war bei der aktuellen Finanzplanung und der weiteren Entwicklung der Gemeindefinanzen zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen, wollte dies aber durch einen Experten für Kommunalfinanzen geprüft und analysiert haben.
Investitionen sind unproblematisch, aber die Folgekosten
Für die nächsten Jahre hatte die Gemeinde die Erweiterung von Grundschule, Hort, Kita-Einrichtungen, die Rampen zum Bahnhof und die Querung der Bahngleise mit einer Brücke oder einem Tunnel eingeplant. Die Investitionen an sich seien nicht problematisch, erklärte Kämmerer Michael Launicke gegenüber den Eichwalder Nachrichten. Vielmehr zögen diese Kosten nach sich, beispielsweise Abschreibungen, Ausgaben für die Instandhaltung und Bewirtschaftung, aber auch Mehrkosten für Personal.
Vor allem durch die im vergangenen Jahr durchgesetzten Tariferhöhungen für pädagogisches Personal und der Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe sind die Kosten für die Betreuung in Krippe, Kita, Hort und Jugendarbeit deutlich gestiegen. Gleichzeitig wurden die Elternbeiträge für die Betreuung der Kinder in Krippe, Kita und Hort im vergangenen Jahr gesenkt.
Die Ausgaben für Sach- und Dienstleistungen sind durch zusätzliche Unterhaltungs- und Betriebsaufwendungen fertiggestellter Baumaßnahmen gestiegen. Auch die zusätzlichen Abschreibungen neuer Gebäude, zum Beispiel der Kita-Erweiterungsbau für die Krippe trieb die Ausgaben in die Höhe.
Den Gürtel enger schnallen und Projekte verschieben
Das größte Potenzial, Geld zu sparen, sieht die Verwaltung vor allem darin, Investitionen auf die Jahre nach 2019 zu verschieben. In einer Liste hatte Kämmerer Launicke diese Optionen zusammengefasst. Demnach liegt das größte Einsparungspotenzial darin, diese Projekte erst ab 2020 in Angriff zu nehmen:
- Ausbau des Gehwegs mit neuer Straßenbeleuchtung an der Gosener Straße (480.000 Euro)
- Ersatz eines Feuerwehrfahrzeugs (350.000 Euro)
- Ausbau des Gehweges und der Straßenbeleuchtung in der Uhlandallee (320.000 Euro)
- Erschließung der Chopin-Stichstraße (100.000 Euro)
- Erneuerung der Brunnenanlage auf dem Friedhof (100.000 Euro)
- Weitere kleinere Investitionen in verschiedene Bau- und Erneuerungsmaßnahmen (120.000 Euro)
Zwar relativiert sich das Einsparungspotenzial bei den Baumaßnahmen der Gehwege, da die Anlieger an den Kosten beteiligt werden. Jedoch muss die Gemeinde zunächst in Vorleistung gehen bevor sie den Anliegern Beiträge in Rechnung stellen kann.
Politische Sprengkraft: Streichung im sozialen Bereich
Weiteren politischem Zündstoff bergen auf den ersten Blick die Einsparungsoptionen, die Kämmerer Launicke während der Sitzung präsentierte. Tabellarisch brachte er als Ideen ein, die Gemeindebibliothek als Ladenlokal zu vermieten oder den Sitz des Heimatarchivs in Geschäftsräume umzuwandeln und ebenfalls zu vermieten. Auch die Jugendarbeit in den Erweiterungsbau der Grundschule zu integrieren und eine Vollzeitstelle zu streichen sei eine Option, über die diskutiert werden könne.
Welche politische Sprengkraft die Haushaltsdebatte bekommen könnte, ließ sich auch aus den Diskussionsbeiträgen der Mitglieder der Gemeindevertretung heraushören. „Mir kommt das wie ein Atomschlag vor, wenn wir an die Bürgerbelastung, Feuerwehr und Jugendarbeit gehen. Ich möchte appellieren, das man hier sensibel heran geht“, sagte Karin Petersohn (CDU). Diese Auffassung wollte Martin Kalkoff (Linke) nicht teilen und brachte die Idee ins Spiel, darüber nachzudenken, was passiere, wenn das Seegrundstück Lindenstraße 4 wieder verkauft oder wenn man sich nicht für die Rampenlösung am S-Bahnhof entscheiden würde. Zwar wolle er auch über die „Heiligen Kühe“ reden, sie aber nicht gleich schlachten. Bereits in der Bürgerfragestunde hatte Christel Maggraf davor gewarnt, das Grundstück an der Badewiese zu verkaufen.
Wolfang Burmeister (Bündnis 90 / Grüne) hielt dagegen: „Was wir einmal verkauft haben, ist dann weg. Das Problem sind nicht die Investitionen.“ Damit werde im Moment gar nichts gelöst, es seien vor allem die laufenden Ausgaben, die für ein massives Defizit im sechsstelligen Bereich sorgten. Deshalb müsse wohl oder übel an den Verwaltungskosten angesetzt werden.
„Wir müssen zu einem Ergebnis kommen, damit wir Geld sparen können, ohne die Bürgerinnen und Bürger über Gebühr zu belasten“, appellierte CDU-Fraktionssprecher Jürgen von Meer an Verwaltung und Gemeindevertreter.
Bei der Situation der laufenden Kosten müsse nun alles auf den Tisch, wo gespart werden könne, forderte WIE-Fraktionssprecher Alf Hamann. Er sprach sich für eine Liste mit den verschiedenen Varianten von Einsparmöglichkeiten aus. „Das können auch Sachaufwendungen sein. Jeder Neubau – egal, ob Schule oder Kita – zieht Folgekosten nach sich. Bei zwei Drittel der Straßenbeleuchtung hingegen würden sich Neuinvestitionen schnell amortisieren“, so der Sprecher der Wähler-Initiative Eichwalde. Ebenso stellte er in Frage, ob der Platz am Stern tatsächlich saniert werden sollte.
Auch die SPD-Fraktionsvositzende Franziska Stadler plädierte dafür, konkret aufgezeigt zu bekommen, mit welchen verschiedenen Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten gespart werden kann.
Die Gemeindevertretung verwies den Haushaltsentwurf einstimmig in die Ausschüsse. Die Debatten über die Senkung der kommunalen Ausgaben und über die Belastungen der Bürger dürfte künftig in diesen Gremien spannend werden.
Weitere Informationen
- Beschlussvorlagen und Bericht des Wirtschaftsprüfers