Kammermusik zu Gunsten der Gulag-Opfer
Eichwalde (pm). Das Kammermusik-Ensemble Memorial aus St. Petersburg gastiert erneut in Eichwalde und spielt zugunsten der Opfer des Stalinismus. Das Kammerkonzert findet am Sonntag, 9. Februar, im evangelischen Gemeindezentrum in der Stubenrauchstraße 19 statt. Es beginnt um 17 Uhr. Fedor Abaza, Klavier, Elizaveta Starceva, Bratsche, und Diana Zaviryukha, Violine, spielen Werke von Wolfgang Amadeus Mozart, Peter Iljitsch Tschaikowski, Johannes Brahms, Johann Sebastian Bach und Sergej Rachmaninoff. Zumindest der Pianist Fedor Abaza tritt zum wiederholten Mal bei den bisher erfolgreichen Konzerten des St. Petersburger Trios in Eichwalde auf. Der Eintritt zum Konzert ist frei. Veranstaltet wird das es von der evangelischen Kirchengemeinde Eichwalde.
Die aktuelle Lage der Bürgerrechtsorganisation Memorial St. Petersburg
Der seit dem Regierungsantritt Putins einsetzende Druck auf Memorial hat 2013 mit der Durchsetzung des so genannten Agentengesetzes einen Höhepunkt erreicht. Demnach müssen sich alle nichtstaatlichen Organisationen, die Geld aus dem Ausland erhalten, als ausländische Agenten registrieren lassen, sofern sie politisch tätig sind. Was politisch ist, wird willkürlich bestimmt. Im Unterlassungsfall drohen harte Strafen, die bis zum Verbot gehen.
Nach zermürbenden Überprüfungen, der Ungewissheit danach und Verleumdungen im öffentlichen Fernsehen ist zurzeit für Memorial Petersburg eine Atempause eingetreten. Das Büro bleibt weiter für die etwa 1.500 Mitglieder, Opfer der politischen Repression, geöffnet. Drei Hauptamtliche Verantwortliche sorgen neben den Ehrenamtlichen für die soziale und seelische Betreuung der bedürftigen Mitglieder.
Mit einem telefonischen Netzwerk halten 110 Koordinatoren jeweils zu 10 bis 15 Mitgliedern Kontakt, hören zu, organisieren Hilfe und informieren über aktuelle Veranstaltungen. Im Büro finden Hilfesuchende Rat bei seelischen, medizinischen oder juristischen Problemen und in dringenden Fällen auch finanzielle Unterstützung. Die Renten liegen oft unter dem Existenzminimum. Das sind zum Beispiel Zuschüsse für Reparaturen, Rollstühle, Hörhilfen und Beerdigungen. Der größte Posten ist die Erstattung der Kosten für Medikamente.
Freiwillige der Aktion Sühnezeichen, die zu Memorial entsandt werden, leisten den Bedürftigsten in deren Wohnungen Hilfe: Oft ein menschlicher Gewinn für beide Seiten. Der psychischen Unterstützung dient die anspruchsvolle Kulturarbeit. Ehrenamtliche Mitglieder halten zwei bis dreimal wöchentlich Vorträge, auch mit Lichtbildern über Geschichte, Literatur, Kunstgeschichte und Aktuelles. Es gibt Konzerte, Ausstellungen und Filmvorführungen, geselliges Teetrinken und Diskussionen. Wöchentliche Exkursionen führen zu kleineren wenig bekannten Museen, Herrenhäusern in Petersburg und dem Umland Alles dies hilft den schwierigen Alltag zu vergessen. Die Benefizkonzerte des Kammermusikensembles Memorial tragen wesentlich zur Finanzierung dieser sozialen Arbeit bei. (jl)