Aussage von Alyssas Schulfreund ist glaubwürdig
Cottbus/Eichwalde. Die Aussage von Alyssas Schulfreund Willi H., der dem 14-jährigen Mädchen helfen wollte als der Täter auf sie einstach, gilt als glaubwürdig. Die Verteidiger des Angeklagten Maurice M. aus Lohmar in Nordrhein-Westfalen hatten im Januar die Glaubwürdigkeit des Zeugen angezweifelt, da er sich im Schockzustand befand, weil er die Tat mit ansehen musste. Gestern, am 17. Prozesstag zum Mord an der Schülerin aus Eichwalde, wies die dritte Strafkammer des Landgerichts den Antrag der Verteidigung zurück, Alyssas Schulfreund psychologisch begutachten zu lassen. Seit August 2014 muss sich Maurice M. vor dem Landgericht Cottbus verantworten. Er soll die Schülerin mit mehr als 70 Messerstichen getötet haben.
Die Kammer begründete die Ablehnung des Antrags damit, dass es ureigentümliche Aufgabe der Berufsrichter sei, die Glaubwürdigkeit von Zeugen einzuschätzen. Als Richter der Jugendstrafkammer verfügten sie über mehrjährige Erfahrung bei der Vernehmung jugendlicher Zeugen, auch wenn diese traumatisiert seien. Die Tatsache, dass der Zeuge ambulant psychologisch betreut wurde, schränke seine Glaubwürdigkeit nicht ein, erklärte der vorsitzende Richter Thomas Braunsfurt.
Angeklagter hat gestörte Persönlichkeit
Nach Einschätzung des forensischen Gutachters hat der Angeklagte Maurice M., der die 14-jährige Alyssa aus Eichwalde getötet haben soll, eine zutiefst gestörte Persönlichkeit. Am 21. Januar 2015 fasste der Psychiater vor der Jugendstrafkammer des Landgerichts Cottbus sein rund 200 Seiten umfassendes Gutachten zusammen. Der Facharzt hatte lediglich ein einziges Gespräch mit dem 21-jährigen Angeklagten führen können. Daher stützt sich seine Diagnose auf die Analyse umfangreicher Chat-Protokolle aus der Prozessakte und auf verschiedene Zeugenaussagen. Als besonders wichtig stufte er die Aussage der Gefängnispsychologin ein, die im Dezember vor der Kammer aussagte.
Maurice M. habe eine narzisstische Persönlichkeitsstörung mit antisozialen, paranoiden Zügen. Wissenschaftlich wird sie als Maligner Narzissmus bezeichnet. Der Angeklagte zeige eine sehr einfache Gefühlsstruktur, habe von sich selbst eine sehr einfache Größenidee und kompensiere seine Kleinheitsgefühle, so der Psychiater. Mit der narzisstischen Störung gehe eine ausgeprägte Störung der Empathie einher. Offenbar ist der Angeklagte kaum in der Lage, Mitgefühl zu empfinden. Solche Störungen könne man auch als Reifungsstörungen verstehen, so der Experte.
Bei seinem Gutachten bezog sich der Facharzt auch auf den Hergang der Tat. Eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung zum Tatzeitpunkt habe er aber daraus nicht ableiten können. Er fand keine eindeutigen Hinweise dafür, dass die Tat in einem Affekt begangen wurde.
Weitere zentrale Fragestellung des Gutachtens war es, einzuschätzen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall ist. Insgesamt hielt der Psychiater die Prognose für ungünstig. Die Wahrscheinlichkeit, dass er rückfällig wird, schätzte er mit 20 Prozent ein.
Angeklagter soll nach Jugendstrafrecht verurteilt werden
Vor dem Hintergrund der unreifen Persönlichkeit des Angeklagten empfahl der psychiatrische Gutachter hier das Jugendstrafrecht anzuwenden. Die gleiche Empfehlung gab auch die Sozialpädagogin der Jugendgerichtshilfe. Auch sie wurde zu ihrer Einschätzung des Angeklagten befragt. Maurice M. sei überhaupt nicht in der Lage, sein Handeln zu reflektieren.
Dass die Sozialpädagogin in ihrer Einschätzung richtig liegt, könnte auch die Tatsache belegen, dass kurz vor Weihnachten im Haftraum des Angeklagten ein Mobiltelefon mit sado-masochistischem Bildmaterial und Kurznachrichten gefunden wurde. Telefongespräche oder gar der Besitz von Mobiltelefonen während der Haft bedürfen der Genehmigung.
Nach dem Jugendstrafrecht kann Mord bei besonders schwerer Schuld mit Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren bestraft werden. Das Urteil wird am 25. März 2015 erwartet.