Tausende protestierten in Zeuthen gegen Fluglärm

Zeuthen. Etwa 2.500 Menschen aus Zeuthen, Eichwalde, Schulzendorf, Wildau, aus Königs Wusterhausen und weiteren, vom Fluglärm bedrohten und betroffenen Ortschaften, protestierten gestern (13.11.2010) lautstark in Zeuthen. Bislang galt die Gemeinde mit rund 10.500 Einwohnern als kaum vom Fluglärm betroffen. Die von der Deutschen Flugsicherung (DFS) Anfang September vorgeschlagenen Flugrouten des neuen Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) förderten massiven Protest in Zeuthen und Nachbarorten zu Tage. Aufgerufen zur Lärmparade hatte der erst kürzlich gegründete Verein Bürger leben in Zeuthen zusammen mit der Bürgerinitiative Zeuthen gegen Fluglärm. Wie laut es werden kann im Himmel über Zeuthen machten sie mit einem Lärmmobil auch für Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) deutlich hörbar. Eine Lautsprecheranlage beschallte den Kundgebungsplatz an der Zeuthener Feuerwache mit 80 Dezibel lauten Fluggeräuschen.

Brandenburgs Ministerpräsident Platzeck spricht zu den Protestierenden. (Foto: jl)
Brandenburgs Ministerpräsident Platzeck spricht zu den Protestierenden. (Foto: jl)

Mit Pfiffen und Buhrufen empfingen die Protestierenden Ministerpräsident Platzeck. „Baustopp!“ riefen die Demonstranten ihm entgegen. „Back to the routes“, eine Rückkehr zu den im Planfeststellungsbeschluss veröffentlichen Flugrouten, forderten lautstark andere Demonstranten. Der Planfeststellungsbeschluss sah einen Geradeausflug nach dem Start der Jets vor. „Ein Baustopp ist abwegig, der Flughafen ist so gut wie fertig. Es sind inzwischen drei Milliarden Euro verbaut worden“, entgegnete Platzeck auf dem Kundgebungsplatz vor der Feuerwache. „Vielmehr müssen maßgeschneiderte Lösungen entwickelt werden, damit so wenig Menschen wie möglich mit Lärm belastet werden.“ Der Vorschlag der Deutschen Flugsicherung vom 6. September werde so nicht realisiert werden. In München gäbe es beispielsweise ein Routenkonzept mit 18 verschiedene Routen, die je nach Wetterlage und Tageszeit geflogen würden. Um so etwas umzusetzen, müssten am BBI mehr Fluglotsen eingestellt werden. Es dürfe keine Menschen erster und zweiter Klasse bei der Betroffenheit von Fluglärm geben, wiederholte er, was er bereits eine Woche zuvor in Königs Wusterhausen sagte. Die Wirtschaftlichkeit des Flughafens stehe für ihn klar an dritter Stelle. Oberste Priorität habe die Sicherheit, dann der Lärmschutz und dann die Wirtschaftlichkeit. Allerdings könne er nicht versprechen, dass es keinen unabhängigen Parallelbetrieb auf beiden Startbahnen gäbe. Bezogen auf die geplante Änderung des Luftverkehrsgesetzes, die laut Rechtsexperten das Nachtflugverbot aufweicht, sagte Platzeck: „Brandenburg wird im Bundesrat dieser Gesetzesänderung nicht zustimmen.“

Der BBI hält weiterhin an dem geplanten unabhängigen Parallelbetrieb fest. Dabei schwenken die Flugzeuge auf der südlichen Startbahn bei ihren Starts Richtung Osten kurz nach dem Abheben um 15 Grad nach Süden ab. Sie überflögen dabei künftig Zeuthen in durchschnittlich 600 Meter Höhe, erklärte Martin Henkel, Sprecher der Zeuthener Bürgerinitiative. Der BBI will indes den unabhängigen Parallelbetrieb vormittags zwischen 8 und 9 Uhr sowie zwischen 20 und 21 Uhr nutzen. Ab 2015 sei dies auch in den Mittagsstunden von 12 bis 14 Uhr notwendig, um Spitzen der Flugbewegungen zu bewältigen, hieß in der vergangenen Woche in einer Pressemitteilung der Flughafen Berlin Schönefeld GmbH.

„Wir haben in den vergangenen zehn Jahren unsere gesamte Ortsentwicklung danach ausgerichtet, haben Schulen und Kindergärten dort gebaut, wo sie am wenigsten vom Lärm betroffen sein werden. Das darf nicht umsonst gewesen sein“, klagte Zeuthens Bürgermeisterin Beate Burgschweiger (SPD). Die Gemeinde sei eine der Kinderreichsten in der Region.


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