Bernhard Brümmer: „Die letzen Meter bis zum Gipfel kämpft man mit sich selbst“
Eichwalde. Bernhard Brümmer (51) ist vermutlich der einzige Eichwalder, der einen Siebentausender bestieg. Dabei ist der gelernte Fahrzeugschlosser, groß gewachsen, von sportlicher Statur, bescheiden. Vielleicht sind es die Erlebnisse im Herbst diesen Jahres und die Erhabenheit der Landschaft im Annapurnamassiv des Himalaya in Nepal, die ihn nachhaltig beeindruckten und ihn nicht in überschwänglichen Stolz über seine alpinistische Leistung verfallen lassen. Nach 25 Tagen Wanderung und Kletterei im Hochgebirge stand Brümmer am 29. Oktober 2010 gegen 13:45 Uhr auf dem Gipfel des Himlung Himal, 7.126 Meter über dem Meeresspiegel. „Ich war der Letzte in unserer Gruppe, der den Gipfel erreichte. Der Moment ist einfach erhebend. Das Gefühl, wenn man wenige Meter unterhalb des Gipfels über die Gipfelkante auf den Manaslu blickt, kann man kaum beschreiben“, sagt der Eichwalder Alpinist. Der 8.163 Meter hohe Manaslu ist der achthöchste Berg der Welt. „Die letzten Meter bis zum Gipfel des Himlung kämpft man mit sich selbst. Nur der eigene Wille zählt. Kälte, Eis, Schnee und Wind sezten einem zu und zehren an den Kräften. Da habe ich mich wie ein Achtzigjähriger gefühlt. Fünf Schritte ging es weiter Aufwärts, dann pumpt man wie ein Maikäfer. Man kann das beim besten Willen nicht in einem Stück durch laufen“, beschreibt er die Anstrengung in dünner Luft. Auf Meeresniveau enthält die Luft etwa 21 Prozent Sauerstoff. 5.000 Meter über dem Meersspiegel sind es nur noch etwa halb so viel.
Seine Leidenschaft für hohe Berge entdeckte der Eichwalder vor rund fünf Jahren, als er den Kilimandscharo bestieg. Ursprünglich sei das eine fixe Idee aus einer Bierlaune heraus gewesen, erzählt Brümmer. Trainiert habe er dafür nicht. Allerdings spielt er seit Jahren zweimal wöchentlich Fußball im SV Schmöckwitz-Eichwalde. Zusammen mit Michael Furche unternahm Brümmer 2006 eine Wandertour ins Himalaya. Ziel war der rund 3.100 Meter hohe Poon Hill. „Damals habe ich zum ersten Mal Achttausender gesehen und war beeindruckt von der Größe und von der Höhe. Mich begeistert die Natur, das Abenteuer und die sportliche Herausforderung“, sagt Brümmer. Ganz ohne alpinistische Grundausbildung wollte sich der Abenteurer doch nicht ins Hochgebirge des Himalaya wagen. Gemeinsam mit Furche machte er einen Kurs in einer Bergschule im Kaunatal in Österreich. Er lernte den Umgang mit dem Eispickel am Gepatsch-Gletscher und machte einen Kletterkurs. In den folgenden Jahren reiste Brümmer zum Island-Peak im Everst-Gebiet und bestieg sechs Gipfel in Südamerika.
„Schon bei der Vorbereitung der Klettertour auf den Siebentausender kommt es auf die gute Planung an“, erklärt der Abenteurer. Das wichtigste sei, nicht zu viel Gepäck mit zu nehmen. „Das fängt schon bei der Zahnbürste an. Mehr als 15 Kilo sollte der Rucksack nicht wiegen. Später kommt noch ein Zelt hinzu, welches der Reiseveranstalter zur Verfügung stellt. Dann wiegt der Rucksack rund 20 Kilo.“
Im Gegensatz zu den Alpen seien die Täler im Himalaya sehr breit. Sehr große Distanzen seien zu überwinden um überhaupt an den Berg heran zu kommen. Die Wege dorthin werden von Einheimischen angelegt und in Stand gehalten. Für Nepal ist der Tourismus zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden. Die Reisenden zahlen für die Gipfelbesteigung und für die Wanderungen durch Nepals Nationalparks Gebühren. Laut Ministerium für Tourismus und zivile Luftfahrt reisten im ersten Halbjahr 2010 mehr als 225.650 Touristen ein. Dennoch ist es dem Staat Nepal noch nicht gelungen, sein Haushaltsdefizit zu überwinden. Im Fiskaljahr 2010 standen insgesamt Einnahmen in Höhe von etwa 2,3 Milliarden US-Dollar Ausgaben von rund 3,7 Milliarden US-Dollar gegenüber. Im Jahr 2009 erwirtschaftete Nepal rund 377 Millionen US-Dollar im Tourismussektor. Die Besucherzahlen entwickelten sich in den vergangenen Jahren nach Informationen des nepalesischen Ministeriums für Tourismus und zivile Luftfahrt sehr positiv. Sie liegt derzeit bei etwa einer halben Millionen Touristen jährlich. Fast 7.000 Rucksacktouristen kamen 2009 aus der Bundesrepublik.
Bei Expeditionen im Himalaya werden in der Regel einzelne Hochlager im Abstand von Tagesetappen eingerichtet. Insgesamt sechs Tage war die Gruppe, bestehend aus zwölf Bergsteigern und zwei Bergführern, vom Basislager aus unterwegs, um die Hochlager 1 und 2 am zu errichten. Der etappenweise Aufbau, Auf- und Abstieg ist notwendig, um den Körper an die dünne Höhenluft zu gewöhnen. Nach einer zweitägigen Pause im Basislager begannen zehn Alpinisten, darunter die beiden einheimische Bergführer, Lila und Jamber, mit dem viertägigen Aufstieg zum Gipfel des Himlung. Sie richteten dabei das dritte Hochlager ein, und sieben Expeditionsteilnehmer erreichten den Gipfel. „Nach dem Abstieg zum Hochlager 3 verbrachten wir dort eine Nacht“, erzählt Brümmer, „wir hatten dabei Sturm mit Windgeschwindigkeiten um 75 km/h. Am Morgen bauten wir das Lager ab und stiegen weiter hinab, um Lager 1 Lager 2 und 1 abzubauen.“ Weiter ging es ohne weitere Übernachtung zum Basislager. Danach erholten sich die Bergsteiger zwei Tage lang von den Strapazen.
„Viel Zeit kostet das Tee kochen“, erinnert sich der Bergsteiger, „denn dazu muss jede Menge Schnee geschmolzen werden. Für einen Liter braucht man zwei bis drei Stunden.“ Etwas schneller gehe es, wenn man immer einen Rest Wasser in der Thermoskanne zurückbehält, dann taue der Schnee schneller auf. In den Hochlagern hätten sie kein warmes Essen mehr zubereitet. Salami, Käse und Brot seien neben Nüssen, Rosinen und weiterem Trockenobst die wichtigste Nahrung. „Je höher man klettert, um so weniger Appetit hat man. Trotzdem muss man Essen,“ erklärt Brümmer. Dennoch hat er fast 13 Kilo Gewicht verloren während seines Himalaya-Abenteuers.
Ungefähre Route zum Himlung